Vermögensabschöpfung mit Kollateralschäden
Die Vermögensabschöpfung hat in den letzten zwei Jahren durch spektakuläre Zugriffe der Polizei auf große Vermögenswerte viel von sich Reden gemacht. Die Neuregelung dieses Rechtsinstruments seit dem 1.7.2017 sieht die zwingende Abschöpfung all jener Vermögenswerte vor, die im Zusammenhang mit der Begehung einer Straftat erlangt wurden.
Die Neue Richtervereinigung begrüßt dies im Grundsatz. In einem offenen Brief an das Bundesjustizministerium (siehe www.neuerichter.de/details/artikel/article/zwei-jahre-neues-einziehungsrecht-644.html) fordert sie aber auch Korrekturen:
“In keiner der Vorschriften, die ein Absehen von der Einziehungsentscheidung oder von ihrer Vollstreckung erlauben, ist der Aspekt der Resozialisierung erwähnt. Das Strafrecht – auch in seinen Nebenfolgen – verfolgt diesen Zweck aber weiterhin. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es geboten, den Täter mit der strafrechtlichen Sanktion nicht für immer aus der Gesellschaft auszuschließen, sondern im Gegenteil ihn darin zu fördern, zur Rechtstreue zurückzukehren. Nur dies entspricht im Übrigen auch dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit.”
Eine Regelung, die der Strafrichter unterschiedslos auf jeden anzuwenden hat, kann dem Gedanken der Resozialisierung nicht gerecht werden.
Für das Jugendstrafrecht sollte daher die Möglichkeit vorgesehen werden, schon im Urteil die Einziehung auf einen leistbaren Betrag zu begrenzen oder von ihr ganz abzusehen. Es kann wichtiger sein, Jugendlichen eine Perspektive zu erhalten, als sie für den für sie absehbaren Rest ihres Lebens konsequent mit allen Folgen ihres Verhaltens zu konfrontieren.
Auch das Betäubungsmittel-Strafrecht sollte für Fälle, in denen ein Abhängiger erfolgreich eine Suchttherapie durchlaufen hat, die Möglichkeit eines Schuldenerlasses vorsehen. Insbesondere dann, wenn dem Gewinn eines Kleindealers außer der Finanzierung seiner eigenen Abhängigkeit gar kein greifbarer Vermögensschaden entspricht, sollte dem Aspekt der Resozialisierung Vorrang gewährt werden können.
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VRinLG Dr. Susanne Müller
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