Statistische Trickserei verschleiert die Situation der Gerichte
Im Bericht der Senatorin für Justiz und Verfassung zur aktuellen Personalausstattung der Gerichte im Land Bremen vom 15.10.2024 gegenüber dem Rechtsausschuss wird der strukturelle Personalmangel nicht als solcher klar benannt. Stattdessen betreibt die senatorische Behörde mathematische Spielchen.
Mit der Bildung prozentualer Durchschnittswerte wird versucht, die tatsächliche Misere der bremischen Justiz zu übertünchen. Für die gesamte ordentliche Gerichtsbarkeit wird etwa für 2023 ein PEBB§Y-Deckungsgrad von 100,71 % ausgewiesen. Damit wird ein eklatanter Personalmangel beim Amtsgericht mit einer nach PEBB§Y auskömmlichen Ausstattung beim Oberlandesgericht und Landgericht verrechnet. Die rechtssuchenden Bürger*innen sind indes in der Regel nicht mit dem Land- oder gar dem Oberlandesgericht konfrontiert. Die weit überwiegende Zahl der Justizkontakte findet bei den Amtsgerichten statt. Beim Amtsgericht Bremen liegt der PEBB§Y-Deckungsgrad nur bei 89,4 % im richterlichen Bereich. Noch schlimmer steht es um den Bereich der Geschäftsstellen. Dort liegt der PEBB§Y-Deckungsgrad bei 81,1 %. Bezogen auf die Amtsgerichte sind die Mangellagen keine Momentaufnahme aus dem Jahr 2023, sondern über Jahre hinweg fortbestehend, mithin strukturell.
Bei der Darstellung der Zahlen der Fachgerichtsbarkeit ergibt sich die gleiche verschleiernde Darstellung. Dass der PEBB§Y-Deckungsgrad im richterlichen Bereich durchschnittlich bei allen Fachgerichten Bremens bei 97,92 % liegen soll, hilft dem größten Fachgericht, dem Verwaltungsgericht Bremen, mit einem Deckungsgrad von lediglich 72,87 % herzlich wenig.
Die aktuellen PEBB§Y-Werte sind veraltet. Für die ordentliche Gerichtsbarkeit hat die Justizministerkonferenz die Neuerhebung für die ordentliche Gerichtsbarkeit und die Staatsanwaltschaften beschlossen, da die derzeitigen Berechnungen die aufgrund unzähliger Gesetzesänderungen (z.B. Betreuungs- und Vormundschaftsreform) veränderten und umfangreicheren Verfahren (z.B. EncroChat-Verfahren) nicht mehr zutreffend abbilden. Die bremische Justiz bleibt in vielen Bereichen sogar hinter den veralteten PEBB§Y-Bedarfswerten zurück, dies langjährig. Diese strukturelle Unterdeckung der Personalausstattung der Justiz, deren gesetzliche Aufgaben in keinem Fall freiwillige Leistungen darstellen, versucht die senatorische Behörde schönzurechnen und ein klares Bekenntnis zu einer Ausstattung jedes einzelnen Gerichts nach den PEBB§Y-Bedarfswerten wird vermieden. Bürger*innen und Justizmitarbeiter*innen dürfen folglich weiter nicht mit einer bedarfsorientierten Finanzierung der dritten Gewalt rechnen.
Mehr: Unsere ausführliche Stellungnahme zu diesem Thema gibt es hier im Download.