Richterbesoldung im Saarland – Stellungnahme Bundesverfassungsgericht
Die Neue Richtervereinigung (NRV) bedankt sich für die Gelegenheit, zu den Vorlagebeschlüssen des Verwaltungsgerichtes des Saarlandes in den verfassungsgerichtlichen Verfahren 2 BvL 12/18 und 2 BvL 14/18 Stellung nehmen zu können.
Die NRV teilt die Auffassung, dass die Besoldung jedenfalls derjenigen Richterämter, die nach der gestuften Besoldung R 1 und R 2 besoldet werden, und jedenfalls soweit es nicht die obersten Besoldungsstufen betrifft, im Saarland in den hier zur Überprüfung stehenden Zeiträumen in verfassungsrechtlich relevanter Weise zu niedrig bemessen waren. Dies gilt erst recht in Anbetracht der Absenkung, die in Anlehnung an das seinerzeitige Besoldungsmodell Baden-Württembergs vorgenommen worden war.
Nach Auffassung der NRV lässt der zeitliche Abstand, der zwischenzeitlich nicht nur zu denjenigen Bedingungen eingetreten ist, die seinerzeit Anlass zur Klage geboten hatten, sondern auch zu den Beschlüssen, mit denen diesen Klagen entsprochen und die Vorlagen an das Bundesverfassungsgericht erfolgt waren, zur aktuellen Besoldungslage erkennen, dass es sich nur teilweise um eine Problematik handelt, die der Besoldungsentwicklung seit der Föderalismusreform 2006 geschuldet ist. Standen damals, vor rund 10 Jahren, gerade weil mit der geänderten Zuständigkeit eine Auseinanderentwicklung der Besoldungshöhen einsetzte, eben jene Parameter im Fokus der Betrachtung, die für diesen dynamischen Prozess symptomatisch waren, so wird jetzt zunehmend sichtbar, dass es sich in Bezug auf die Richterbesoldung um ein strukturelles Problem handelt. Um ein Problem, das bereits in der von den Ländern übernommenen bundesgesetzlichen Besoldungsstruktur angelegt und mit ihr übernommen worden war.
In diesem Zusammenhang möchte die NRV darauf hinweisen, dass ihres Erachtens auch durch die Anpassungen, die im Saarland, mutmaßlich in Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in den letzten Jahren vorgenommen worden sind, die Richterbesoldung insbesondere der unteren Erfahrungsstufen nicht auf ein Niveau angehoben wurde, das den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. In diesem Zusammenhang liegt dem Bundesverfassungsgericht unter dem Aktenzeichen 2 BvR 1719/23 eine Verfassungsbeschwerde vor, die die Besoldung der Jahre 2022 und 2023 zum Gegenstand hat. Die Neue Richtervereinigung regt höflich an, dieses Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hinzu zu verbinden, wohl wissend, dass es sich um eine andere Verfahrensart handelt. Dann würden das aktuelle Problemfeld in die Betrachtung einzubeziehen sein, nämlich die
Schwierigkeit, auf einem enger werdenden Arbeitsmarkt freie Stellen nach zu besetzen, ohne die Einstellungsvoraussetzungen so sehr abzusenken, dass sie dem Anspruch an eine überdurchschnittliche Qualifikation nicht mehr entsprechen, was wiederum einen (dauerhaften) Ansehensverlust der Justiz zur Folge haben könnte, der dann auf die Akzeptanz von Rechtsprechung durchzuschlagen droht, und der in zunehmendem Maße auf europäischer Ebene zu kritischen Kommentaren Anlass gibt.
Insofern steht die Richterbesoldung im Saarland zwar exemplarisch für die Auswirkungen der Föderalisierung der Besoldungszuständigkeit, sie verweist aber auf ein dahinter liegendes Problem. Die Stellungnahme wird daher zwei Schwerpunkte aufweisen. Zunächst wird analysiert, worin nach der hier vertretenen Auffassung die verfassungsrechtlich ungelöste Problemstellung der Richterbesoldung liegt, nämlich in einer Struktur der Richterbesoldung, die in zu großer Anlehnung an das für die Beamtenlaufbahn konzipierte Besoldungsgefüge gestaltet ist. Dadurch wird letzten Endes dem Gebot des Art. 98 Abs. 3 GG nicht hinreichend Rechnung getragen, nämlich auf der Statusebene Regelungen zu treffen, die jeweils denjenigen funktional-strukturellen Anforderungen entsprechen, die die Ausgestaltung der beiden vollkommen unterschiedlichen Funktionen der Exekutive auf der einen und der Judikative auf der anderen Seite verlangen.
Der andere Schwerpunkt der Stellungnahme liegt in der Darstellung aktueller Auswirkungen. Durch die Übernahme einer Reihe von Argumenten, die der Verfassungsbeschwerde entnommen sind, die jüngst direkt gegen das aktuelle Besoldungsgesetz im Saarland erhoben worden ist, soll aufgezeigt werden, welche Folgen eine Besoldungspolitik zeitigt, wenn sich der Landesgesetzgeber darauf konzentriert, den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Urteil zur R-Besoldung vom 5.5.2015, BVerfGE 139, 64-148 und dem Beschluss zur A-Besoldung vom 17.11.2015, BVerfGE 140, 240-316 Rechnung zu tragen.
Die Stellungnahme der NRV nimmt daher nur am Rande Bezug auf die Argumente, die bislang zwischen den Beteiligten ausgetauscht worden sind. Sie wird stattdessen versuchen, einerseits die nach Auffassung der NRV ursächliche Problemstellung herauszuarbeiten, und andererseits die sich daraus auch in der Besoldungsgegenwart ergebenden Verwerfungen aufzeigen.
Die vollständige Stellungnahme hier im Download