Resilienz braucht die gesamte Justiz!

Nicht nur das Bundesverfassungsgericht muss vor politischer Einflussnahme geschützt werden

Eine stärkere Sicherung des Bundesverfassungsgerichts ist richtig und wichtig. Daher begrüßt die Neue Richtervereinigung (NRV), dass sich das Bundesministerium der Justiz sowie die Bundestagsfraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP auf Vorschläge für Änderungen des Grundgesetzes zum besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts verständigt haben.

Das reicht aber nicht aus:

Bis ein Fall überhaupt zum Bundesverfassungsgericht kommen kann, muss bei der Verfassungsbeschwerde grundsätzlich der gerichtliche Instanzenzug ausgeschöpft werden. Die ganz überwiegende Zahl der Verfahren endet unterhalb der Ebene des Bundesverfassungsgerichts.

Daher muss dringend auch die Justiz unterhalb des Bundesverfassungsgerichts vor politischem Einfluss geschützt werden. Bislang ist die Justiz in vielfältiger Hinsicht abhängig von der Exekutive in Gestalt der Justizministerinnen und Justizministern. Denn bei der Einstellung und Beförderung der Richterinnen und Richter sind die Justizministerien maßgeblich beteiligt und können auf diesem Wege Einfluss nehmen. Im Gegensatz zu den anderen Staatsgewalten genießt die Justiz in Deutschland nicht die ihr als dritte Gewalt gebührende Eigenständigkeit.

Diese Justizstruktur, die größtenteils noch aus der Kaiserzeit stammt, hat bereits zweimal massiv versagt, nämlich nicht nur zwischen 1933 und 1945 während der furchtbaren NS-Zeit, sondern auch bei der viel zu späten und unzureichenden Aufarbeitung des Nazi-Unrechts in der Bundesrepublik. Nicht umsonst gibt es in den allermeisten Staaten der Europäischen Union die in Deutschland bestehende Abhängigkeit der Justiz von der Exekutive nicht. Auch Deutschland sollte im Hinblick auf seine Justizstruktur endlich aus der Geschichte lernen.

Deshalb fordern sowohl die Neue Richtervereinigung als auch der Deutsche Richterbund schon seit vielen Jahren, die Abhängigkeit der deutschen Justiz von der Exekutive endlich zu beenden. Stattdessen fordert die NRV eine selbständige und direkte administrative Verantwortung gegenüber den Parlamenten zu etablieren, verbunden mit einer demokratischen Binnenstruktur.

Eine Justizstruktur, die in der Geschichte bereits zweimal versagt hat und damit durch zwei „Stresstests“ gefallen ist, ist besorgniserregend. Es ist zur Sicherung der immer mehr unter Druck geratenen freiheitlich-demokratischen Grundordnung deshalb dringend Zeit, die GESAMTE Justiz endlich vor politischer Einflussnahme zu schützen. Denn ein drittes Versagen der deutschen Justiz wäre eine Katastrophe und muss dringend verhindert werden. Es ist daher höchste Zeit für eine Justizreform, die diesen Namen verdient.

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