NRV zum Gesetzentwurf zur Mietpreisbremse

6. Dezember 2024| Stellungnahme

Zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn

a) Die Verlängerung der Mietpreisbremse wird grundsätzlich begrüßt!

Die Neue Richtervereinigung e. V. (NRV) begrüßt die Verlängerung der „Mietpreisbremse“. Denn diese ist im Grundsatz – trotz aller ihrer Einschränkungen – zumindest ein wirksames Instrument, um in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt eine spürbare Mietsenkung zu erreichen.

Allerdings wird die nun geplante Verlängerung nur bis Ende 2028 angestrebt, was ein Jahr weniger ist, als ursprünglich im Koalitionsvertrag vorgesehen. In diesem hatten sich die Ampel-Parteien darauf verständigt, die Mietpreisbremse – so wörtlich – „bis zum Jahre 2029“ zu verlängern. Dies kann nach dem objektiven Wortsinn nicht anders verstanden werden, als diese Regelung bis zum Ablauf des Jahres 2029 zu verlängern. Stattdessen wird die „Verlängerung“ nun um ein ganzes Jahr verkürzt.

Die Bundesregierung setzt an dieser Stelle den von ihr beschlossenen Koalitionsvertrag ganz offenkundig unzureichend um, ohne dies in der Gesetzesbegründung zu thematisieren.

 

b) Das Begründungserfordernis sollte nicht verschärft werden!

Die NRV lehnt das verschärfte Begründungserfordernis für Mietpreisbremse-Verordnungen ab.

Bei jeder Verschärfung der Begründungspflicht stellt sich die Frage, was passiert, wenn der Verordnungsgeber dieser Pflicht nicht hinreichend nachkommt. Die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Begründungserfordernis ist aber stets die Nichtigkeit der Mietpreisbremsverordnung (vgl. Schuldt: Mietpreisbremse-Verordnungen: Das Begründungserfordernis als „Stolperstein“, NZM 2018, 257). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof die „Mietpreisbremse“ in Hessen wegen Begründungsmängeln für nichtig erachtet (Urteil v. 17.07.2019, VIII ZR 130/18). Es steht zu erwarten, dass jede künftige Begründung von interessierter Seite inhaltlich angegriffen wird. Über diesen Umweg könnte eine Verordnung vermieterseits noch zu Fall gebracht werden. Die Instanzgerichte in verschiedenen Bundesländern haben bereits in der Vergangenheit angebliche inhaltliche Begründungsmängel zum Anlass genommen, landesrechtliche Verordnungen für unwirksam zu erachten (vgl. nur Börstinghaus: Die „Mietpreisbremse“ in der Praxis, NJW 2018, 665).

Damit steht zu befürchten, dass viele zivilgerichtliche Verfahren über die Miethöhe unter Anwendung der §§ 556d ff BGB erheblich mit der Frage überfrachtet werden, ob die landesrechtliche Verordnung dem Begründungserfordernis entspricht. Da die Zivilgerichte befugt sind, Verordnungen, die nach ihrer Würdigung nicht mit höherrangigem Recht vereinbar sind, unangewendet zu lassen, diese Entscheidung indes nur inter partes Rechtskraft entfaltet, droht neben der erheblichen Belastung der Gerichte zugleich eine Zersplitterung der instanzgerichtlichen Rechtsprechung. Zudem besitzt der Begriff der „Abhilfemaßnahme“ juristisch kaum Konturen. Gerichte müssten sich im Einzelfall sogar mit der Frage befassen, ob als „Abhilfemaßnahme“ bezeichnete Maßnahmen tatsächlich wohnungspolitisch geeignet sind und die Bezeichnung als „Abhilfemaßnahme“ überhaupt verdienen. Die Zivilgerichte sind damit gehalten, wohnungspolitische Entscheidungen zu überprüfen, was jedoch nicht zu den genuinen Aufgaben der zivilen Amts- und Landgerichte gehört.

Diese politische Diskussion im Rahmen eines Zivilrechtsstreits ginge letztlich zu Lasten der Mieterinnen und Mieter, die sich auf die Wirksamkeit der Verordnung verlassen. Im schlimmsten Fall würde ein Begründungsmangel erst im Verlaufe eines ggf. langjährigen Prozess festgestellt, auf Kosten der prozessierenden Mieterinnen und Mieter. Die Folge ist eine erhebliche Rechtsunsicherheit und eine weitere Belastung der Justiz, welche die Wirksamkeit der jeweiligen Verordnung zu klären hätte.

 

c) Gesetzesverstöße werden nicht hinreichend sanktioniert!

Das grundsätzliche Problem der „Mietpreisbremse“ bleibt auch nach dem vorliegenden Gesetzentwurf bestehen.

Denn es gibt auch weiterhin keine wirksame Sanktionierung eines rechtsbrüchigen Vermieters. Die praktisch einzig relevante Sanktion ist der Rückerstattungsanspruch nach §§ 556g Abs. 1 Satz 2, 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Danach hat der Vermieter (nur) diejenige überzahlte Miete herauszugeben, die er nach dem Gesetz nie hätte verlangen dürfen. Aus rein wirtschaftlicher Sicht gibt es also auch weiterhin keinerlei Anreiz für Vermieterinnen und Vermieter, von selbst proaktiv die „Mietpreisbremse“ einzuhalten – die Durchsetzung der Rechte bleibt weiterhin allein den Mieterinnen und Mietern überlassen.

Wie im Gesetzentwurf leider zutreffend ausgeführt, hat die Mietpreisbremse in den vergangenen neun Jahren keine spürbare Entspannung auf dem Wohnungsmarkt bewirkt. Die NRV weist darauf hin, dass das Instrument der Mietpreisbremse im Grunde nur denjenigen Mieterinnen und Mietern zugutekommt, die finanziell überhaupt in der Lage sind, die zum Teil deutlich überhöhten Mieten zu vereinbaren. Da Vermieter*innen in aller Regel vor Vertragsschluss die Bonität der Bewerber*innen prüfen, wird Geringverdiener*innen häufig gar nicht erst der Vertragsschluss zu der überhöhten Miete angeboten. Obwohl auch – wie der Entwurf ausführt – Durchschnittsverdiener zunehmend aus Innenstadtlagen verdrängt werden, bleibt das Problem für Geringverdiener besonders gravierend, ohne dass der Gesetzgeber hier Abhilfe schafft.

An dieser Stelle sollte der Gesetzgeber wirksamere Instrumente einführen, um das Umsetzungsdefizit zu beseitigen. Insbesondere das öffentliche Recht könnte hier wirksam sein. Der Berliner Mietendeckel wurde vom Bundesverfassungsgericht allein aus Kompetenzgründen gekippt, jedoch wurde während seiner Geltungsdauer kein Vollzugsdefizit festgestellt. Die von den Landesregierungen geforderten Abhilfemaßnahmen könnten deutlich effektiver sein, wenn der Bundesgesetzgeber den Ländern die Kompetenz überträgt, gesetzgeberisch weitergehende Maßnahmen umzusetzen.

 

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