Das Alte Postamt an der Domsheide wird für die Fortentwicklung des Justizzentrums benötigt!

17. September 2024| Pressemitteilung, LV Bremen

Die bremische Justiz benötigt dringend weitere und moderne Räume am Standort Domsheide/Am Wall/Ostertorstr. Die Neue Richtervereinigung fordert die Nutzung des Alten Postamts an der Domsheide als Justizgebäude. Nur so kann ein sicherer und regelmäßiger Verhandlungsbetrieb in Strafsachen sichergestellt werden. Auch die technischen Anforderungen im Straf- und Zivilprozess sind ohne das Gebäude nicht umzusetzen:

Personalengpässe bei den Wachtmeister*innen durch weite Wege

Es fehlt insbesondere an Saalkapazitäten für die Strafjustiz. Die Vielzahl der parallel zu verhandelnden Verfahren hat es erforderlich gemacht, auswärtige Räumlichkeiten anzumieten. Großverfahren werden nunmehr in einer zu diesem Zweck umgebauten Lagerhalle in Kattenturm am „Sielhof“ verhandelt. Bei den dort verhandelten Verfahren handelt es sich regelmäßig um Haftsachen. Dies erfordert den Einsatz zahlreicher Wachtmeister*innen, die sodann zur Aufrechterhaltung des Regelbetriebs im Justizzentrum fehlen. Es ist schon mehrfach vorgekommen, dass Haftsachen daraufhin im Justizzentrum aufgrund von Personalengpässen bei den Wachtmeister*innen nicht verhandelt werden konnten. Das örtliche Auseinanderreißen der Strafjustiz ist damit nicht lediglich lästig für die Beteiligten, sondern begründet eine massive Behinderung der Abläufe für die sonstigen Abläufe im Justizzentrum.

Kosteneinsparungen möglich

Es ist darüber hinaus gemäß der Vorlage des Senators für Finanzen für die Sitzung des Senats vom 10.9.2024 – Aufstellung eines Sanierungsprogramms 2025 ff. der Freien Hansestadt Bremen – zur Haushaltssanierung angestrebt, angemietete Flächen zu reduzieren. Auch im Sinne dieser Zielsetzung sollte die Anmietung der Lagerhalle in Kattenturm und deren Nutzung als Strafgerichtssaal so zeitnah wie möglich beendet werden und in unmittelbarer Nachbarschaft des Landgerichts für eine Erweiterung der Verhandlungsmöglichkeiten gesorgt werden. Auch das zum Amtsgericht Bremen gehörige Grundbuch und das Registergericht sind aktuell aus dem Justizzentrum ausgegliedert in gesondert angemieteten Flächen untergebracht. Bei einer Erweiterung des Justizzentrums um das Gebäude des Alten Postamt wäre auch insoweit eine Rückintegration in das Justizzentrum möglich.

Digitale Beweismittel und Dokumentation der Hauptverhandlung

Moderne Räume werden für die Justiz überdies auch unter dem Gesichtspunkt des technischen Wandels dringend benötigt. Bei der Strafjustiz fehlt es nicht lediglich an den räumlichen Kapazitäten. Es gilt Säle zu schaffen, die den veränderten Bedingungen durch das Erfordernis zur Einführung digitaler Beweismittel (Ton- und Videoaufzeichnungen, Zuschaltung von Zeug*innen und Sachverständigen) durch eine einfache Handhabung der Abläufe und optimale akustische Einrichtung entsprechen. Soweit das Hauptverhandlungsdokumentationsgesetz (DokHVG) nicht durch den Vermittlungsausschuss aufgehalten werden sollte, wird überdies der technische Aufwand durch die verpflichtende Tonaufzeichnung und -speicherung im erstinstanzlichen Strafverfahren vor dem Landgericht noch massiv ansteigen.

Aufzeichnungs- und Übertragungsmöglichkeiten

Moderne Räume mit verbesserten Möglichkeiten zur Bild- und Tonaufzeichnung bzw. Übertragung werden auch außerhalb der Hauptverhandlung in Strafsachen benötigt. Zum Opferschutz werden Aussagen von Zeug*innen insbesondere in Verfahren betreffend Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung bereits im Ermittlungsverfahren aufgezeichnet. Diese richterlichen Vernehmungen können in nachfolgenden strafrechtlichen Hauptverhandlungen per Video eingeführt werden. Die Geschädigten müssen sodann in der Regel nicht der belastenden Situation einer Aussage in der Strafverhandlung ausgesetzt werden. Die aktuell dazu genutzten Räume im Amtsgericht Bremen sind technisch gut ausgestattet und derzeit noch ausreichend. Angesichts stetig steigender Fallzahlen, in denen von der Möglichkeit entsprechender Vernehmungen Gebrauch gemacht wird, und sich fortentwickelnder Technik besteht jedoch auch hier perspektivisch dringender Handlungsbedarf. Gleiches gilt für die Verhandlungen bei den Zivil-, Familien- und Fachgerichten. In diesen Verfahren machen Verfahrensbeteiligte immer häufiger von der Möglichkeit Gebrauch, Anreisen zum Gericht zu vermeiden und sich stattdessen digital per Videoübertragung zuzuschalten. Auch hierzu wären auf diese Art der Verfahrensweise hin konzipierte und mit einer die aktuell störanfällige Übergangstechnologie ablösenden Technik ausgestattete Säle dringend erforderlich.

Warum ausgerechnet das Alte Postamt?

Auch bei einer perspektivischen Steigerung der Homeofficequote nach vollständiger Einführung der elektronischen Akte in allen Gerichtszweigen ist nicht erkennbar, dass in den Bestandsimmobilien des Justizzentrums ein Umbau erfolgen kann, der den vorstehend dargestellten Bedarfen Rechnung trägt. Die räumliche Konzentration der Gerichte und der Staatsanwaltschaft im Justizzentrum ist indes zwingend für einen effizienten Personaleinsatz, die Vereinfachung der Abläufe durch behördenübergreifende Lösungen und einen bürgerfreundlichen Zugang zum gerichtlichen Rechtsschutz. Die dargestellten Fortentwicklungsbedarfe gilt es daher in unmittelbarer örtlicher Nähe zu den Bestandsimmobilien des Justizzentrums zu realisieren. Hierzu bietet das Alte Postamt an der Domsheide eine einmalige Gelegenheit. Andere Nutzungsmöglichkeiten, etwa das jüngst vom Vorsitzenden der SPD-Bürgerschaftsfraktion vorgeschlagene Welcome Center für ausländische Fachkräfte sind nicht auf den Standort angewiesen. Die Neue Richtervereinigung fordert daher für die dringend erforderliche Fortentwicklung der räumlichen Situation der Justiz bei der perspektivischen Nutzung des Alten Postamts an der Domsheide gegenüber anderen Projekten, die ohne inhaltliche Einbußen andernorts verwirklicht werden können, den Vorrang einzuräumen.

 

Ansprechpartner: Peter Walter, Amtsgericht Bremen, peter.walter@neuerichter.de, Tel.: 0421-361-89435 (d.)

 

Alle Meldungen