Ein Schlag in das Gesicht der in der Justiz Beschäftigten
Am 24.9.2024 teilte die Justizministerin den Justizbeschäftigten in Schleswig-Holstein mit, dass seitens der Landesregierung beschlossen worden sei, Sozial- und Arbeitsgerichte auf einen Standort in Neumünster zusammenzuführen und dafür die bestehenden Standorte in Kiel, Lübeck, Itzehoe, Flensburg, Elmshorn und Schleswig aufzugeben. Das in Kiel ansässige Finanzgericht soll nach Schleswig umziehen. Allein diese insgesamt 10 Gerichte betreffenden Maßnahmen sollen bis zum Ende der Legislaturperiode bereits vollzogen sein.
Ferner plant das Justizministerium auch für die ordentliche Gerichtsbarkeit in Bezug auf die Amtsgerichte eine umfassende Umstrukturierung mit einer Reduzierung der Amtsgerichte auf jeweils ein Gericht pro Kreis. Auch dies würde die Schließung mehrerer Gerichte und den Ausbau anderer bestehender Standorte bedeuten.
Diese Vorgehensweise ist ein Schlag in das Gesicht der Justiz und wird auch massive Auswirkungen nicht nur auf den Personalkörper der Justiz, sondern auch auf die rechtsschutzsuchenden Bürgerinnen und Bürger haben. Für alle werden die Wege teils erheblich länger und teurer. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem einkommenschwächeren nichtrichterlichen Bereich wird dies besonders belasten. Bestehende Infrastrukturen an den Standorten der Gerichte, die aufgegeben werden sollen, werden beschädigt, Kaufkraft wird wegfallen. Für die Bürgerinnen und Bürger, die vor allem wohnortnahen Rechtsschutz suchen, entfernt sich der Rechtsstaat in jeder Hinsicht. In Zeiten, in denen auch die Justiz händeringend kompetenten Nachwuchs in allen Bereichen benötigt, wird die Justiz durch den Wegfall vieler Standorte unattraktiver. Mit einer solchen Reform nimmt man inhaltlich niemanden mit.
Dass weite Teile der beschlossenen Maßnahmen bereits im Jahr 2027 vollzogen sein sollen, belegt, dass offensichtlich schon weit gereifte Pläne vorhanden sind – ohne vorher mit den in der Justizbeschäftigten gesprochen und sie angehört zu haben. Eine solche Vorgehensweise ist beispiellos und sorgt für Fassungslosigkeit. Die bis zum Ende der Legislaturperiode geplanten Maßnahmen betreffen Hunderte von Beschäftigten, die nun fürchten müssen, an weit von ihrem Wohnort entfernte Standorte versetzt zu werden. Diese Maßnahmen durchführen zu wollen, ohne vorher die Praxis mitgenommen und angehört zu haben, zeigt einen eklatanten Mangel an Wertschätzung und an dem Interesse, solche gewaltigen Strukturprozesse im Einvernehmen mit den Betroffenen umzusetzen.
Darüber hinaus ist die Zielsetzung äußerst vage formuliert. Es geht um die Einsparung von Geld. Um welche Größenordnung es sich dabei handeln soll, wird nicht mitgeteilt. Dass die Zusammenlegung geschlossener Standorte auch Kosten auslöst, liegt auf der Hand. Es werden an den zusammengelegten Standorten mehr Sitzungssäle und Büros benötigt. Bei Kosten von ca. 100.000 € je Sitzungssaal und 3.000 € für jeden Quadratmeter Bürofläche dürften die Kosten der Zusammenlegung höher sein, als Einsparungen erzielt werden können. Hinzu kommt, dass an etlichen Standorten erhebliche kostenintensive Maßnahmen für die Einführung der elektronischen Akte (bspw. der Umbau der Sitzungssäle) durchgeführt worden sind, die nun verpuffen. Dafür soll der wohnortnahe Rechtsschutz für die Bürgerinnen und Bürger reduziert, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz an wohnortferne Orte versetzt und vorhandene Infrastrukturen an den aufgegebenen Standorten beschädigt werden? Wie will man angesichts dieser Planungen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Justiz, die durch die sehr mangelbehaftete Einführung der E-Akte ohnehin stark belastet sind, noch motivieren?
Michael Burmeister, Erster Sprecher der Neuen Richtervereinigung Schleswig-Holstein: „Die geplante Strukturreform ist ohne Beteiligung der Praxis auf den Weg gebracht worden und verschlechtert den Rechtsschutz für die Bürgerinnen und Bürger. Die angeblichen fiskalischen Vorteile werden überhaupt nicht konkretisiert. Vor allem die herrschaftliche und nicht auf Dialog und Kooperation setzende Vorgehensweise, die Justiz weitreichend vor vollendete Tatsachen stellen zu wollen, ist ein Schlag in das Gesicht der in der Justiz Beschäftigten und hat schon im Ansatz kaum die Chance, positiv von der Praxis begleitet zu werden. Vielmehr ist das Vertrauen der Justizbeschäftigten in die Regierung erschüttert. Die Neue Richtervereinigung Schleswig-Holstein wird massiven Widerstand gegen die geplante Reform leisten“.
Der Sprecherrat der Neuen Richtervereinigung Schleswig-Holstein