12. Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetzes / 2. Fassung 45-420-00

Der nochmalige Aufruf der von uns parteipolitisch bereits totgeglaubten Sache hat uns überrascht.

Nach unseren Kenntnissen hat beispielsweise die SPD-Landtagsfraktion in Bayern Verfassungsklage gegen ein vergleichbares Gesetz in Bayern wegen des massiven Eingriffs in die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger angekündigt, wenn nicht sogar schon erhoben. Auch der Juniorpartner der hiesigen Regierungskoalition hält nach allgemein zugänglichen Informationen die in Brandenburg beabsichtigte Ausweitung der Polizeibefugnisse für – so wörtlich – undenkbar.

Überdies scheint unsere vor über einem Jahr übermittelte Stellungnahme vom 28. Juli 2017 zum Ausgangsentwurf in den maßgeblichen Punkten nicht richtig gelesen worden zu sein; wir fügen diese als Anlage nochmals bei.

An unserer damaligen Einschätzung hat sich nichts geändert. Das Vorhaben ist nach wie vor rechtstaatlich äußerst bedenklich. Was beispielsweise von der untauglichen Begrifflichkeit der „drohenden Gefahr“ zu halten ist, können Sie der in Kopie beigefügten aktuellen Erklärung unserer Fachgruppe Verwaltungsrecht aus  Juni 2018 entnehmen.

Wir regen an, das Vorhaben zu beerdigen. Auch die in den vergangenen 12 Monaten erfolgte Überarbeitung des ursprünglichen Entwurfes ändert an diesem Vorschlag nichts:

Über die in § 12a jetzt neu vorgesehene „Gleichbehandlung“ einer hilflosen Person mit einer Leiche jedenfalls in Fragen der Identifizierung könnte man noch schmunzeln.

Die übrigen Regelungen sind jedoch allesamt nicht zum Lachen. Diese lassen weiterhin befürchten, auf dem Weg in einen Überwachungs- und Polizeistaat zu sein.

Dabei ist es schlicht unerheblich, ob eine längerfristige Datenerhebung durch Observation durchgehend anstatt derzeit 24 Stunden jetzt nicht mehr 96, sondern „nur noch“ 72 Stunden andauern können soll bzw. anstatt für 5 „nur noch“ für 4 Tage vorgesehen ist. Eine Randnotiz ist es auch, wenn der Richtervorbehalt bei der Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel zum Abhören und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes und zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen wie jetzt vorgesehen „schon“ bei einer Dauer von 72 anstatt 96 Stunden bzw. nach 4 anstatt 5 Tagen erforderlich werden soll.

Es sind die hinter diesen rechnerischen Marginalien liegenden erheblichen Grundrechtsbeschränkungen, die der Presseberichterstattung zufolge auch von der Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Brandenburg als verfassungsrechtlich kritisch angesehen werden. Dem schließen wir uns an.

Die Überarbeitung des Vorhabens wird auch nicht dadurch besser, dass zwar nunmehr auf Maschinengewehr und Granatwerfer (!) als neu zugelassene Polizeiwaffen verzichtet werden soll, es aber dennoch bei der martialischen Ausweitung auf Elektroimpulsgerät (nicht: Distanz-Elektroimpulsgerät) und Sprengmittel auch zum direkten Einsatz gegen Personen (!) verbleibt.

Außerdem birgt die außerhalb des „Terroranschnitts 1a“ neu vorgesehene Meldeauflage in der aktuellen Fassung einigen Zündstoff. In § 15a sind nunmehr konkrete Straftaten genannt, die eine Auflage rechtfertigen sollen, sich  an bestimmten Tagen zu bestimmten Zeiten bei einer bestimmten Polizeidienstelle melden zu müssen. In Bezug genommen sind dabei auch von der Polizei vermutete Verstöße gegen das Versammlungsgesetz. Es sind genau in diese Richtung gehende Verschärfungen, die anderen Staaten zu Recht den zweifelhaften Ruf einbringen, sich von einem demokratischen Rechtsstaat zu verabschieden.

Schließlich ist das Vorhaben weiterhin nicht veranlasst. Zwar wird unverändert von einer angespannten Terror- und Gefährdungslage gesprochen, die es gebiete, Sicherheitslücken wie z.B. in der Sache Breitscheidplatz zu schließen. Andere Fälle werden aber weiterhin nicht genannt. Diese gibt es auch während des letzten Jahres nicht. Stattdessen gibt gerade die Sache Breitscheidplatz bis heute immer wieder neue Sachverhaltsrätsel auf, die auch mit dem Vorhaben ersichtlich nicht zu verhindern gewesen wären.

Aus unserer Sicht handelt es sich bei dem Entwurf um einen gegenüber der Wählerschaft für erforderlich gehaltenen Aktionismus. Entlarvende Störelemente wie z.B. die ursprünglich auf drei Seiten aufgeführten Grundrechtseinschränkungen werden in dem jetzt übersandten Entwurf vermutlich sogar aufgrund unserer Stellungnahme von vor einem Jahr vermeintlich geschickt auf einen einzigen Absatz eingeschmolzen, um die geplante Abschaffung von Freiheitsrechten nicht allzu auffällig werden zu lassen.

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