Zur Afghanistanarbeit der Neuen Richtervereinigung

7. März 2023| Bundesvorstand

Seit ca. einem halben Jahr gibt es das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan der Bundesregierung (https://www.bundesaufnahmeprogrammafghanistan.de). Im Rahmen der Bundesmitgliederversammlung der Neuen Richtervereinigung (NRV) am Wochenende vom 3.-5. März 2023 hat die Projektgruppe Afghanistan die Gelegenheit genutzt, die Arbeit der NRV in diesem Bereich vorzustellen.

Im Anschluss an die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan erreichten viele deutsche NGOs zahlreiche Hilferufe – im Falle der NRV vorrangig Hilferufe von Rechtsanwält*innen, Richter*innen und Staatsanwält*innen. Nachvollziehbar sahen sich diese als Repräsentanten eines sich an rechtsstaatlichen Grundsätzen orientierenden Systems nach dem Kollaps der bisherigen Staatlichkeit einem erheblichen Verfolgungsdruck von Seiten der Taliban ausgesetzt.

Welche Rolle spielte die NRV in der Meldekette möglicher Aufzunehmender konkret?

In der ersten Phase bis ca. April/Mai 2022 wurden die per Email eingehenden, häufig dramatischen Hilferufe durch ein – aus Ehrenamtlern bestehendes –  Team in der NRV auf erste Plausibilität gesichtet und das offenkundige Problem fehlender geordneter Strukturen zur Beantwortung dieser Anliegen sowie die Anliegen selbst an die Politik weitergegeben. Ab ca. April/Mai 2022 wurde vom Auswärtigen Amt ein direkter Kommunikationskanal für NGOs – damit auch für die NRV – eröffnet, damit konnten die weiterhin eingehenden – im Wesentlichen in englischer Sprache – Hilferufe nunmehr in vorstrukturierter Form (persönliche Daten, übersandte Scans der verfügbaren Dokumente wie z.B. Richterausweise, Fortbildungsnachweise etwa des Max-Planck-Institutes, Ausführungen der Betroffenen zur individuellen Gefährdungslage) an das Auswärtige Amt weitergeleitet werden. Im Folgenden wurden die Anliegen durch das Auswärtige Amt auf Schlüssigkeit vorgeprüft und nach hiesiger Kenntnis sodann dem federführenden Bundesministerium des Innern (BMI) zur Entscheidung übergeben. Dieses hat eine Sicherheitsüberprüfung durch die deutschen Sicherheitsbehörden durchgeführt und sodann entschieden, ob, basierend auf den Schilderungen der Betroffenen, eine Aufnahmezusage erteilt wird. Soweit eine solche vorlag, mussten sich die Betroffenen sodann bei der Botschaft in Pakistan melden, um ein Visum zu beantragen. Ab Oktober 2022 trat das Bundesaufnahmeprogramm in Kraft. Dieses sieht im Wesentlichen vor, dass nunmehr nur registrierte meldeberechtigte Stellen – zu denen auch die NRV gehört – ihre Kenntnisse über konkrete Hilfegesuche an die zuständigen Ministerien weitergeben, indem die für die Auswahl und Aufnahme vorliegenden Daten und Informationen in einer vom Bundesministerium des Innern und für Heimat zur Verfügung gestellten IT-Anwendung eingetragen werden. Im Rahmen des Aufnahmeverfahrens sowie des sich anschließenden Visumverfahrens werden dann von staatlicher Seite die Anspruchsvoraussetzungen, die Identität sowie das Vorliegen von Sicherheitsbedenken gegen die Person unter Beteiligung deutscher Sicherheitsbehörden geprüft.

Eine inhaltliche Prüfung der Begehren konnte die NRV zu keinem Zeitpunkt durchführen und hat dies auch nicht vorgegeben.  Dies war und ist die Sache der beteiligten Ministerien und ihrer Einrichtungen und der von diesen informierten Sicherheitsbehörden.

Wie viele Personen wurden gemeldet?

In dem vom Auswärtigen Amt eröffneten Verfahren vor Inkrafttreten des Bundesaufnahmeprogrammes wurden von der NRV die Angaben von ca. 280 Personen aus dem Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaft an die zuständigen Stellen weitergegeben. Wie viele Personen hierfür letztlich zur Einreise ausgewählt wurden, ist uns nicht bekannt. Im Rahmen des ab Herbst 2022 anlaufenden Bundesaufnahmeprogramms hat die NRV die Daten von ca. 95 Personen weitergegeben. Nach hiesigem Kenntnisstand wurden hiervon im Dezember 2022 drei Personen die Einreise bewilligt – die noch nicht erfolgt ist. Seit September 2022 nimmt die NRV keine neuen Hilferufe mehr zur Weiterleitung an.

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