Offener Brief an die Senatorin zur Personalmisere
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Sie stellen fest, dass viele von uns in der Justiz an der persönlichen Belastungsgrenze arbeiten. Dies erfasst den Zustand der Justiz unzureichend. Die Belastungsgrenzen sind vielfach überschritten und das nicht erst seit Kurzem. Es gibt einen langjährigen strukturellen Personalmangel. Die PEBB§Y-Deckungsgrade für den richterlichen Bereich betreffend die Amtsgerichte Bremen und Bremerhaven und das Verwaltungsgericht machen das überdeutlich:
Dramatisch ist die Personalsituation insbesondere im mittleren Dienst der Amtsgerichte. Es fehlten dort von 2020 bis 2023 jährlich im Schnitt 39,55 Kolleg*innen. Die weit überwiegende Zahl der Bürger*innenkontakte mit der Justiz findet bei den Amtsgerichten statt. Der Mangel an Mitarbeiter*innen in den Geschäftsstellen wirkt sich damit eklatant auf den Service aus.
Für das neue Jahr fordern wir ein personalpolitisches Umsteuern. In der Justiz gibt es keine freiwilligen Aufgaben. Dementsprechend ist auch die Zurverfügungstellung des dazu notwendigen Personals keine Frage haushälterischer Pragmatismen. Das PEBB§Y-System zur Personalbedarfsbemessung in der Justiz beruht auf veralteten Zahlen. Jedes einzelne bremische Gericht und die Staatsanwaltschaft ist daher mindestens mit dem nach PEBB§Y erforderlichen Personal auszustatten.
Unsere Forderung ist keine Erfindung eines Berufsverbandes. Auf der Justizministerkonferenz am 5./6.6.2024 wurde beschlossen, dass nach mehr als 20 Jahren eine neue PEBB§Y-Vollerhebung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und den Staatsanwaltschaften stattfinden soll. Die Landesjustizminister*innen, mithin auch Sie, stellten hierzu fest, dass PEBB§Y das angemessene System zur Ermittlung des Personalbedarfs in der Justiz darstelle. Überdies hat die aktuelle bremische Regierungskoalition sich das Ziel „PEBB§Y 100“ ausdrücklich in den Koalitionsvertrag geschrieben.
Sie sind seit 2019 bremische Senatorin für Justiz und Verfassung. Die dargestellten Zahlen sind damit Ihre Zahlen. Sie erklären zwar, dass Sie nicht müde werden, zu verdeutlichen, wie essentiell eine auskömmlich ausgestattete Justiz für den Rechtsstaat ist. Wir können dies indes leider nicht so konsequent feststellen. Dazu würde auch ein transparenter Umgang mit der prekären Situation gehören. Jüngst wurde jedoch auf eine Anfrage aus dem Rechtsausschuss zur Personalausstattung der Justiz aus Ihrer Behörde deren tatsächlicher Zustand mit unseriösen Durchschnittswertbildungen übertüncht. So wurde etwa die gesamte ordentliche Gerichtsbarkeit herangezogen und so im richterlichen Bereich eine PEBB§Y-Ausstattung von 100,71 % suggeriert. Damit wurde die aus guten Gründen beim Landgericht oberhalb der veralteten PEBB§Y-Werte liegende Personalausstattung mit der Unterdeckung bei den Amtsgerichten verrechnet. Solche Tricksereien sind ein Foulspiel gegenüber den Mitarbeiter*innen in der Justiz und dienen gerade nicht der Verdeutlichung, dass eine auskömmliche Ausstattung der Justiz für den Rechtsstaat essentiell ist.
Mit freundlichen Grüßen
Neue Richtervereinigung – Landesverband Bremen –
Ansprechpartner: Peter Walter, Richter am Amtsgericht Bremen
peter.walter@neuerichter.de
Den vollständigen Brief finden Sie hier im Download