Entwurf eines Gesetzes zur Hilfe und Unterbringung von Menschen mit Hilfebedarf infolge psychischer Störungen (PsychHG)

Der Gesetzesentwurf, insbesondere die in §§ 27, 28 PsychHG-E vorgeschlagene Regelung, wird von der Neuen Richtervereinigung Schleswig-Holstein begrüßt. Hervorzuheben ist vor allem aus rechtstaatlicher Sicht, dass der Gesetzesentwurf nicht näher hinsichtlich Art und Umfang der Fixierung unterscheidet, also auch solche Fixierungsmaßnahmen miteinbezieht, deren Intensität unterhalb der 5- oder 7-Punkt-Fixierung liegt, die Gegenstand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts waren.

Vor dem Hintergrund dieser Zielrichtung fehlt aber – grundsätzlich – eine isolierte Regelung für Fixierungsmaßnahmen von auf somatischen Stationen befindlichen Personen. Solche Maßnahmen werden fast ausschließlich aufgrund eines vorübergehenden Delirs, etwa infolge einer Operation erforderlich, um die OP-Nachsorge nicht zu gefährden. Sie stellen mittlerweile einen großen Anteil der öffentlich-rechtlichen Unterbringungen dar. Aufgrund der Besonderheiten dieser Fälle gerade auch im Unterschied zu anderen Unterbringungssituationen erscheint eine gesonderte Regelung dringend notwendig. Zwar sieht der Entwurf richtigerweise jetzt ausdrücklich vor, dass „Unterbringungen und Fixierungen“ auch auf somatischen Stationen vollzogen werden können (§ 13). Das bezieht sich wohl auf diese Fälle. Leitbild der geplanten Regelungen scheint aber immer noch zu sein, dass formal zunächst eine Unterbringung und erst dann zusätzlich eine Fixierung angeordnet werden muss. Das wird nach der bisherigen Erfahrung den Situationen auch verfahrensrechtlich nicht gerecht.
Viele Menschen sind, wenn das Delir abgeklungen ist und sie von der „gerichtlichen Unterbringung“ erfahren, darüber sehr erschrocken. Sie finden es im Nachhinein zwar richtig, dass sie fixiert wurden, sind aber bestürzt, dass es extra eines „gerichtlichen Verfahrens“ bedurfte, insbesondere mit einer als stigmatisierend empfundenen Unterbringung. Nicht selten fühlen sich Personen gerade dadurch in ihrem Selbstbestimmungsrecht berührt.
Es wird deswegen vorgeschlagen, diese Fallgruppe gesetzessystematisch gesondert zu regeln, wobei zwei Aspekte bedeutsam sein sollten:

 

  • Es sollte vorgesehen werden, dass solchen Fällen keine gerichtliche Anordnung erforderlich ist, wenn die Maßnahme im Rahmen einer aktuell zuvor erklärten Einwilligung des betroffenen Menschen erfolgt. Als eine solche Einwilligung könnte man es ansehen, wenn Patienten etwa im Rahmen der Narkoseaufklärung aktuell, ausdrücklich und schriftlich für eine zeitlich definierte Dauer (48 Stunden?) in solche Fixierungen eingewilligt haben. Man könnte vorsehen, dass die Bedeutung einer solchen Einwilligung im Aufklärungsprotokoll optisch besonders hervorgehoben und gesondert unterschrieben werden müsste. Mit einer solchen Regelung würden die praktisch meisten dieser Fälle, in denen ein Delir nach einer geplanten OP auftritt, geregelt werden. Das wäre nicht nur eine deutliche Entlastung „des Systems“ (Krankenhaus, Gesundheitsamt, Gericht). Es würde nach unserer Wahrnehmung vor allen Dingen auch eine stärkere Beachtung des Selbstbestimmungsrechts der betroffenen Menschen darstellen, die dann nicht mehr mit gerichtlichen Verfahren „überzogen“ werden müssten. Eine Beeinträchtigung von Rechten wären damit nicht verbunden. Schließlich konnten die Patienten zuvor auch in die OP, also einen viel weitergehenden Eingriff einwilligen. Warum sollte das dann in eine Fixierung, solange sie zeitlich befristet erfolgt, nicht möglich sein?
  • Soweit doch ein gerichtliches Verfahren erforderlich wird, müsste die Möglichkeit geschaffen werden, isoliert nur über die Fixierung zu entscheiden, auch ohne eine formale Unterbringung aussprechen zu müssen, soweit diese nicht aus anderen Gründen zusätzlich erforderlich sein sollte. Man könnte für solche Fälle dann auch die Anforderungen an die ärztlichen Stellungnahmen anpassen. Jedenfalls für Fixierungen bis zu einer definierten Dauer (5 Tage?) sollte eine Stellungnahme des (somatisch) behandelnden Arztes (ggf. des Oberarztes) ausreichen. Häufig können diese Ärzte die Situation, insbesondere im Zusammenhang mit der somatischen Erkrankung, ohnehin besser einschätzen, als ein, wenn auch psychiatrieerfahrener, Arzt, der ein Konzil abgeben soll. Schließlich wäre ein Hinweis sinnvoll, dass in solchen Fällen Verfahrensbeistände möglichst aus dem Angehörigenkreis bestellt werden soll. All das zusammen würde den praktischen Ablauf solcher Verfahren sehr deutlich erleichtern und wäre den Situationen völlig angemessen.

 

Eine isolierte Regelung könnte entweder in einem weiteren Absatz in § 7 oder in § 28 oder in einem eigenen § hinter § 28 erfolgen.

Im Einzelnen:

Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier unten im Download.

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