Bundesrichterwahl 2012 – diesmal mit angemessenem Frauenanteil?

28. März 2012| Bundesvorstand

Am morgigen Donnerstag, den 29. März 2012 wird sich zeigen, ob die von Mitgliedern des Richterwahlausschusses abgegebenen Beteuerungen, mehr Frauen in die höchsten Richterämter berufen zu wollen, ernst gemeint war oder ob es auch hier an der Zeit ist, eine gesetzliche Frauenquote einzuführen.

„Die Diskussion um die nach wie vor viel zu niedrige Zahl von Frauen in unseren obersten Gerichtshöfen könnte zugleich der Anstoß sein, das gesamte Verfahren der Bundesrichterwahl aus den Hinterzimmern der Politik zu holen und der dringend notwendigen Reform an Haupt und Gliedern zu unterziehen“, meint Martin Wenning-Morgenthaler, Sprecher der Neuen Richtervereinigung (NRV).

Der Ausschuss hat in diesem Jahr 17 neue Bundesrichter und -richterinnen zu wählen. Dank des Aufrufes „Frauen in die Roten Roben“, den die NRV Ende letzten Jahres gemeinsam mit dem Deutschen Juristinnenbund gestartet hatte und dank der ohnehin hochaktuellen Diskussion um gesetzliche Frauenquoten hat sich der Frauenanteil auf den Vorschlagslisten dem Vernehmen nach im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöht. So besteht Hoffnung, dass sich die Mitglieder des Ausschusses endlich selbst einmal auf den Gleichstellungsauftrag aus Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes besinnen und dafür Sorge tragen, dass Frauen entsprechend ihres Bevölkerungsanteils auch in den höchsten Rechtsprechungsorganen dauerhaft und angemessen vertreten sind.

Der Richterwahlausschuss besteht aus 16 Landesminister/inne/n und einer gleichen Anzahl von Bundestagsmitgliedern. Mit dieser Besetzung wird das Verfahren der Richterwahl noch nicht einmal den Vorgaben des Europarates (1) für die Aufnahme neuer EU-Mitglieder gerecht, weil die hälftige Besetzung mit Angehörigen der Exekutive der im Grundgesetz festgeschriebenen Unabhängigkeit der Judikative zuwiderläuft. Hinzu kommt, dass es für die zu besetzenden Richterstellen keine verbindlichen Anforderungsprofile gibt. Da sie noch nicht einmal ausgeschrieben werden, entfällt auch die Möglichkeit einer Bewerbung. Gewählt werden kann nur, wer von einem Mitglied des Ausschusses vorgeschlagen wird. Wie die Vorschläge zustande kommen, bleibt ebenso im Dunkeln wie die Wahl selbst, denn gewählt wird in nicht-öffentlicher Sitzung und in geheimer Abstimmung.

Dazu nochmal Martin Wenning-Morgenthaler: „Es ist zu befürchten, dass die Posten längst ausgehandelt sind und der morgige Wahlakt nur eine Formalie ist. Genau deshalb unterliegt das gesamte Wahlverfahren seit Jahren einhelliger Kritik. Es ist eines Rechtsstaates unwürdig, weil es den Verdacht schürt, dass es nicht auf die sachliche und persönliche Eignung der Kandidatinnen und Kandidaten ankommt, sondern auf deren politische Gefälligkeit in der nach wie vor von Männern dominierten Welt der Politik. All denjenigen, die im Übrigen behaupten, es fehle an der Bereitschaft qualifizierter Richterinnen, an den Bundesgerichten tätig zu werden, sei gesagt, dass mehr Transparenz und Verlässlichkeit im Verfahren auch hier sicher ihre Wirkung hätten.“

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