Arbeitszeitverlängerung für Beamt*innen – undurchdacht und kontraproduktiv!
In Ihrem Weihnachts- und Neujahrsgruß 2024 ließ die die Senatorin für Justiz und Verfassung die Justizmitarbeiter*innen wissen, dass viele von ihnen an der persönlichen Belastungsgrenze arbeiten. Im Übrigen äußert sich die Senatorin kaum zur Personalsituation in der Justiz, nicht einmal nach der kürzlich erfolgten Veröffentlichung der verheerenden PEBB§Y-Zahlen für das vergangene Jahr 2024, die einen nochmals verschärften Mangel an Mitarbeiter*innen in allen Dienstgruppen belegen. Stattdessen müssen die Justizbediensteten aus den Medien erfahren, dass die Beamt*innen als Teil der Maßnahmen zur Haushaltssanierung Bremens künftig eine Stunde länger arbeiten sollen. Für die keiner Zeiterfassung unterliegenden Richter*innen und Staatsanwält*innen wird sich praktisch wenig ändern, außer dass wahrscheinlich ihre Pensen unter Zugrundelegung der neuen Wochenarbeitszeit schöngerechnet werden. Die Arbeit war bisher nicht in 41 Wochenstunden zu schaffen und wird es auch künftig nicht sein. Der Arbeitseinsatz der Richter*innen und Staatsanwält*innen ist überobligatorisch. Andernfalls würde die bremische Justiz schon lange nicht mehr funktionieren. 41 Stunden Wochenarbeitszeit wäre für die meisten Kolleg*innen eine Arbeitszeitverkürzung. Bremen schafft es seit Jahrzehnten nicht, die Justiz personell so auszustatten, dass die gesetzlichen Aufgaben innerhalb der Arbeitszeit erledigt werden können, nicht in 40 und auch nicht in 41 Wochenarbeitsstunden. Dies gefährdet die Gesundheit der Mitarbeiter*innen, vor allem aber den effektiven Rechtsschutz für die Bevölkerung.
Soweit die Lehrer*innen gemäß Berichterstattung des Weser-Kuriers vom 14.6.2025 von der Erhöhung der Wochenarbeitszeit ausgenommen werden sollen, weil „einschlägige Studien davon ausgehen, dass die meisten Lehrkräfte durch zahlreiche Aufgaben außerhalb des Unterrichts ohnehin mehr arbeiten als vorgesehen“, wird erwartet, dass auch die Justizmitarbeiter*innen ausgenommen werden. Deren überobligatorische Arbeit ist dadurch belegt, dass sich die Rückstände und die Bearbeitungsdauern in der Justiz im Verhältnis zur Personalentwicklung nicht gleichermaßen negativ entwickelt haben. Nur durch Mehreinsatz der Mitarbeiter*innen konnte dies verhindert werden.
Eine tatsächlich spürbare Veränderung wird sich für die Beamt*innen in der Justiz ergeben, die in Teilzeit tätig sind, wenn deren Bezüge künftig nicht mehr nach einer Regelwochenarbeitszeit von 40, sondern von 41 Stunden berechnet werden. Ihr Einkommen wird sinken, dies in einer Phase steigender Lebenshaltungskosten. Viele der in Teilzeit tätigen Beamt*innen haben aus persönlichen Gründen keine Möglichkeit die Wochenarbeitszeit zu verlängern. Die Betroffenen sind überwiegend Frauen. Die Regierungskoalition wird mit SPD, Bündnis 90/Die Grünen und den Linken von Parteien getragen, die gemäß ihren Programmen dem Gleichstellungsgedanken einen hohen Wert beimessen. Die Verlängerung der Wochenarbeitszeit für Beamt*innen wirkt dem indes entgegen, nicht nur in der Justiz.
Gleichermaßen kein reines Justizproblem ist das Nebeneinander von Beamt*innen und Angestellt*innen in gleichen Dienstgruppen. In der Justiz besteht diese Situation im mittleren Dienst. Die wöchentliche Arbeitszeit der tarifvertraglich beschäftigten Angestellt*innen ist bereits aktuell geringer, als die der Beamt*innen. Die Verschärfung dieses Unterschiedes hat keinen sachlichen Grund und wird dementsprechend bei den Beamt*innen zu massiver Unzufriedenheit führen. Angesichts des Fehlens von 95 Geschäftsstellenmitarbeiter*innen in der bremischen Justiz ist es vollkommen undurchdacht, die Motivation der dort Tätigen zu gefährden.
Die Heraufsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit für Beamt*innen wird in der Justiz ohne Mehrwert für die Allgemeinheit bleiben. Es gilt dort angesichts der langjährig deutlich überobligatorischen Arbeit der Mitarbeiter*innen keine die Motivation gefährdenden Maßnahmen zu treffen.
Um den vielfältigen Rechtsschutzbedürfnissen der Bürger*innen gerecht werden zu können, braucht die Bremer Justiz keine undurchdachte Symbolpolitik, sondern Personal.