Anwendbarkeit des LGG auf Richterinnen

Bedauerlicherweise besteht gegenwärtig Unsicherheit darüber, ob das Landesgleichstellungsgesetz (LGG) auf Richterinnen anwendbar und die Gesamtfrauenvertreterin der Berliner Justiz nach § 17 Abs. 1 LGG zu beteiligen ist. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat am 17. Oktober 2019 (u.a. Urteil – OVG 4 B 22.17 –, juris Rn. 16 ff.) entschieden, das LGG gelte nicht für Richterinnen und Richter. Daraufhin hat die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung mit Schreiben vom 20. November 2019 die Gerichte und die Staatsanwaltschaft dahin instruiert, dass in richterlichen Angelegenheiten die Frauenvertreterinnen künftig nicht mehr zu beteiligen sind.

Wir fordern die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung im Interesse unserer Mitglieder auf, bis zum Eintritt der Rechtskraft der erwähnten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts die Frauenvertreterinnen in richterlichen Angelegenheiten weiterhin – wie bis November 2019 praktiziert – zu beteiligen und das Scheiben dieser Senatsverwaltung vom 20. November 2019 unverzüglich zurückzunehmen. Auch die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung hat dies mit Schreiben an die Staatssekretärin für Justiz vom 18. Dezember 2019 verlangt. Der notwendige Datenschutz dürfte der bisherigen Praxis der Beteiligung der Frauenvertreterinnen nach einer sorgfältigen Abwägung der betroffenen Interessen nicht entgegenstehen. Im Übrigen ist die Gesamtfrauenvertreterin der Berliner Justiz auch zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Unabhängig von einer Beibehaltung der bisherigen Praxis ist dringend erforderlich, dass das LGG kurzfristig – gegebenenfalls klarstellend – geändert wird. Aus dem Wortlaut des LGG muss sich künftig eindeutig ergeben, dass dieses Gesetz auch für Richterinnen und Richter gilt. Dies ist durch eine Änderung von § 1 LGG – etwa entsprechend dem Antrag der Fraktion der FDP im Abgeordnetenhaus Berlin vom 4. Dezember 2019 (Drucksache 18/2358) – erreichbar. Diese Klarstellung/Änderung ist von immenser Bedeutung. Der Ausgang der die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg betreffenden Rechtsmittelverfahren kann nicht abgewartet werden. Zum einen wird, wie geschildert, die Gesamtfrauenvertreterin der Berliner Justiz bereits jetzt aufgrund des Schreibens der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung vom 20. November 2019 nicht mehr gemäß § 17 LGG beteiligt. Dies bedeutet einen Rückschritt in Sachen Gleichstellung für Richterinnen, der, sollten die Rechtsmittelverfahren Erfolg haben, verheerend werden kann. Zum anderen steht im Jahr 2020 die Neuwahl der Frauenvertretung an. Da Richterinnen ohne Gesetzesänderung gegebenenfalls aber weder aktiv noch passiv wahlberechtigt wären, wären diese womöglich für vier Jahre ohne eigene Vertretung in ihren Angelegenheiten.

Es liegt auch im Interesse der Regierung und des Parlaments des Landes Berlin, schnell für Rechtsklarheit und eine angemessene Frauenvertretung der Berliner Richterinnen zu sorgen. Ein Ausschluss der Berufsgruppe der Richterinnen von der Anwendbarkeit des LGG ist sachlich nicht gerechtfertigt. Er widerspricht Art. 3 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes und Art. 10 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Verfassung von Berlin. Für eine zeitnahe Information über Ihr weiteres Vorgehen in dieser Angelegenheit wären wir Ihnen sehr dankbar.

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