Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Besoldung und Versorgung und zur Änderung weiterer besoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften 2024 im Land Brandenburg
Um es kurz zu machen: Wir lehnen das Vorhaben jedenfalls hinsichtlich der Besoldungsanpassung in dieser Form ausdrücklich ab!
Denn die beabsichtigen Erhöhungen werden auch unter Berücksichtigung des angeblich ermittelten „Nachsteuerbedarfs“ und des vorgezogenen „Nachzeichnens“ des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst bei Weitem nicht ausreichen, eine amtsangemessene Alimentation zu gewährleisten. Wir gehen davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht alsbald über die ersichtlich verfassungswidrige Besoldung in Brandenburg wenigstens seit dem Jahr 2015 urteilen wird. In der Folge wäre dann das vorgelegte Tabellenwerk aller Voraussicht nach Makulatur, da wenigstens für die letzten nahezu 10 Jahren richtigerweise von ganz anderen Ausgangsgrößen auszugehen sein wird.
Außerdem halten wie das zu beobachtende Verfahren, Einkommensanpassungen strikt an den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Formeln des soeben nicht Verfassungswidrigen auszurichten, für nicht verfassungsgemäß. Anstatt immer wieder zu versuchen, eine amtsangemessene Alimentation allein über eine Rückwärtsrechnung bestimmter Parameter herleiten zu wollen, ist das Besoldungssystem aus unserer Sicht grundlegend zu verändern:
Bereits das Aushandeln der amtsangemessenen Alimentation für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte darf insbesondere nicht vom Verhandlungsgeschick u.a. der Tarifvertragsparteien abhängen, sondern gehört in die Hand der Dritten Gewalt selbst, die gleichberechtigt dem Haushaltsgesetzgeber gegenüber steht. Denn die Bediensteten der Dritten Gewalt sind in Bezug auf wesentliche Aspekte Ihrer Rechtsstellung – insbesondere die finanzielle Absicherung ihrer Unabhängigkeit sowie ihre umfassende sachliche Zuständigkeit – mit den Angehörigen der Legislative mindestens ebenso vergleichbar wie mit denen der Exekutive. Daraus wird zwar nicht notwendig die im Diätenurteil (BVerfGE 40, 296 ff.) postulierte formalisierte Gleichheit der Höhe des Anspruchs auf staatliche Versorgung abzuleiten sein (zur unabhängigkeitswahrenden Funktion dieser Regelung vgl. auch BVerfGE 102, 224 ff.), wohl aber eine Alimentationsstruktur, die dem Umstand Rechnung trägt, dass Richterinnen und Richter unabhängig von ihrem Lebens- und Dienstalter weitgehend allumfänglich Recht zu sprechen haben. Ihr Aufgabenbereich wird zwar (abstrakt) durch die richterliche Geschäftsverteilung geregelt, die den individuellen Fähigkeiten und insbesondere auch Erfahrungen Rechnung tragen sollte. Deren Einsatz als gesetzlicher Richter i.S.d. Art. 101 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) lässt aber, anders als bei abhängig Beschäftigten, gerade nicht die für das Beamtenverhältnis typische einzelfallbezogene Aufgabenzuweisung zu, die es rechtfertigt, eine weite Differenzierung des Besoldungsgefüges als Leistungs- und Anreizsystem vorzunehmen. Die noch aus der unmittelbaren Anwendung der Beamtenbesoldung auf die Richterschaft hergebrachte und nur teilweise abgebaute weite Spreizung der Alimentation dürfte in dieser Ausprägung eine in der Sache nicht zu rechtfertigende und somit Art. 3 Abs. 1 GG widersprechende Altersprivilegierung darstellen. Dies muss dringend überwunden werden.
Überdies verlangt Art. 98 Abs. 3 GG, den Ländern Regelungen ab, die der Rechtsstellung der Richterschaft – und somit in klarer Abgrenzung zu jener der Beamtinnen und Beamten – gerecht werden. Das gebietet nicht nur eine Trennung von Beamten- und Richterbesoldung in Form einer eigenständigen Regelung der Richterbesoldung, sondern darüber hinaus auch deren eigenständige Ausgestaltung. Eine bloß unterschiedliche Anlage „R“ genügt dem nicht. Denn die Struktur der Richterbesoldung hat einerseits dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Richterschaft – jedenfalls im Bereich der Rechtsprechung – durch ausgesprochen flache Hierarchien geprägt ist, nämlich auf Landesebene nur zwei bzw. – unter Berücksichtigung der spruchkörperinternen Hierarchisierung – drei Ebenen. Alle höheren Besoldungsgruppen sind mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Justizverwaltung verbunden. Diese flache Hierarchie ist ihrerseits zur Sicherung richterlicher Unabhängigkeit verfassungsrechtlich geboten (BVerfGE 12, 81 ff.; BVerfGE 26, 79 ff.; BVerfGE 32, 199 ff.). Dem wird das derzeitige Besoldungssystem nicht gerecht. Denn die erheblich nicht nur nach Besoldungsgruppen, d.h. Wertigkeit einzelner Statusämter, sondern auch nach Erfahrungsstufen, d.h. Dienstalter, differenzierte Besoldungsstruktur des Beamtenrechts ist auf die Richterbesoldung aufgrund der dargestellten Umstände nicht sinnvoll übertragbar. Auch deshalb sind hier mutige Veränderungen angezeigt.
Unabhängig davon besteht grundlegender Veränderungsbedarf schließlich deshalb, weil ansonsten in Zukunft jede Besoldungsanpassung nach altem Muster mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Karlsruhe landen und mit zeitlichem Abstand immer wieder zu Nachzahlungen in Größenordnungen führen wird. Das ist unbefriedigend, birgt ungeahnte Haushaltsrisiken und ist auch für die Bediensteten unzumutbar. Die darin zum Ausdruck kommende Missachtung widerspricht nicht nur der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, sondern degradiert den gesamten öffentlichen Dienst zu einem notwendigen Übel. Der mangelnde Respekt durch den Haushaltsgesetzgeber wiederum trägt zu einer Erosion der Anerkennung des öffentlichen Dienstes insgesamt bei, die es den betroffenen Bediensteten erheblich erschwert, ihren Aufgaben gerecht zu werden. Alimentation ist im Vertrauen darauf zu gewähren, dass die Empfänger sich ihrer würdig erweisen und ihre Aufgaben bestmöglich erfüllen werden. Eine Alimentation allein nach dem derzeitigen Sparsamkeitsprinzip setzt eine Abwärtsspirale in Gang, die der Bedeutung des öffentlichen Dienstes für das rechtsstaatliche Gemeinwesen nicht gerecht wird und damit im Ergebnis kontraproduktiv ist.
Aus alledem fordern wir erneut, über die notwendigen Veränderung des Besoldungssystems in einen offenen Diskurs mit allen davon Betroffenen einzutreten. Leider ist die wichtige Frage nach einer rechtmäßigen und auch zukunftsfesten Besoldung in der sog. Zukunftskonferenz Justiz weder gestellt, noch beantwortet worden. Das gilt es nun nachzuholen, und wir stehen dafür auch bereit.
Ansprechpartner: Peter Pfennig