Schutz des Berufsbeamtentums in Brandenburg vor Verfassungsgegnern

11. April 2024| LV Berlin / Brandenburg

Stellungnahme der Neuen Richtervereinigung (NRV) zum Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 7/6164 vom 30. August 2022 -, einschl. Änderungsantrag vom 5. März 2024

Die Neue Richtervereinigung bedankt sich, zu den Änderungsabsichten Stellung nehmen zu können, die das eigentlich von uns totgeglaubte Vorhaben doch noch erfahren hat.

Freilich ist die Relevanz für die Richterinnen und Richter, die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte nunmehr (wieder) vollständig entfallen:

Bereits in unserer Stellungnahme vom 24. November 2022 hatten wir näher ausgeführt, dass die sog. Regelanfrage nach § 3a LBG n.F. nicht die Einstellung von Richterinnen und Richter auf Probe erfasst. Dies folgt übrigens nicht aus „irgendwelchen verfassungsrechtlichen Erwägungen“, wie in der Ausschusssitzung am 30. November 2022 vereinzelt in Unkenntnis gemutmaßt wurde (Protokoll S. 59), sondern ist sehr wohl die Folge des Wortlauts: Als Anwendungsfall der Regelanfrage wird nämlich abschließend auf die Voraussetzungen für eine beamtenrechtliche Berufung, nicht aber auf die davon streng zu trennenden und ausschließlich im Deutschen Richtergesetz geregelten und damit vorgehenden Voraussetzungen einer Berufung in ein Richteramt abgestellt. Der bemühte Verweis des Brandenburger Richtergesetz auf das Landesbeamtengesetz ist damit gesperrt. Daran hat sich mit dem Änderungsantrag nichts geändert und das ist auch gut so.

Auch die sog. Anlassanfrage nach § 30a LDG n.F. im Kontext eines gegen eine Richterin oder einen Richter bzw. gegen eine Staatsanwältin oder einen Staatsanwalt geführten Disziplinarverfahrens ist nunmehr vom Tisch: Denn Art. 3 des Entwurfes friert das Landesdisziplinargesetz für diese Personen in seiner bisherigen Fassung und damit ohne diese Möglichkeit ein. Und auch das ist gut so.

Ob es im Übrigen klug ist, wenn künftig alle Disziplinarmaßnahmen (nur) gegen Beamtinnen und Beamte bis hin zur Entfernung aus dem Dienst durch Disziplinarverfügung ausgesprochen werden können, darf zwar bezweifelt werden. Zweifelsfrei wird diese Kehrtwende aber ebenfalls nicht für die Richterinnen und Richter sowie die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte gelten. Denn für diese bliebe eine Ausweitung der behördlichen Zuständigkeiten für Disziplinarmaßnahmen jenseits eines Verweises auch ohne Art. 3 des Entwurfes aus guten Gründen verboten, Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG sowie §§ 73 Abs. 3, 97 BbgRiG. Im Übrigen merken wir an, dass die nach Art. 6 des Entwurfes neu in § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BbgBeamtVG anstelle des Wortes „Disziplinarurteil“ vorgesehene Formulierung „die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach dem Disziplinarrecht“ offenkundig eine Folgeänderung ist, die aber jedenfalls für die von uns vertretene Personengruppe schon tatbestandlich und auch wegen des genannten Verbotes nicht greift. Auch damit können wir leben.

Zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit fordern wir schließlich einen zusätzlichen § 45 Satz 3 LDG (vgl. § 77 Abs. 3 Satz 3 DRiG und § 67 Abs. 1 Satz 2 BbgRiG) wie folgt:

Personen, denen die Dienstaufsicht über Beamtinnen und Beamte zusteht, und ihre ständigen Vertreterinnen und Vertreter können nicht Mitglieder eines Spruchkörpers für Disziplinarsachen sein.“

Die überfällige Entkopplung stellt sicher, dass an einer Gerichtsentscheidung niemand mitwirkt, der selbst im Disziplinarrecht tätig und insoweit auch weisungsgebunden ist. Der spezielle Ausschlusstatbestand nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 LDG ist hierfür nicht ausreichend. Denn gerade vor dem Hintergrund der o.g. Kehrtwende ist ganz allgemein jeder böse Anschein bereits im Ansatz zu vermeiden, eine richterliche Überprüfung insbesondere von Maßnahmen der obersten Dienstbehörde könnte von Weisungsempfängern in der geglaubten Erwartung der ihnen vorgesetzten Stelle erfolgt sein. Die dies derzeit nicht beachtende Praxis ist durch Gesetz auszuschließen.

 

Peter Pfennig

Sprecher des Landesverbandes Berlin-Brandenburg

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