Geplante Änderungen des Sächsischen Richtergesetzes

14. August 2025| Stellungnahme, LV Sachsen

Der Gesetzentwurf sieht ein eigenständiges Höchstalter für den Eintritt in das Richteramt auf Probe vor. Anders als bei Beamten (42 Jahre) soll diese Möglichkeit künftig bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres eröffnet werden. Das dient der weiteren Homogenisierung der Altersstruktur und wird daher begrüßt. Es dürfte zudem für die Zusammensetzung der Richterschaft bereichernd sein, wenn andere Lebensläufe andere Erfahrungen mitbringen. Die beabsichtigte Änderung hätte insofern durchaus schon früher umgesetzt werden dürfen. Denn jetzt trifft er Juristinnen und Juristen, für die bereits seit einigen Jahren keine allzu hohen Hürden mehr bestehen, in den Justizdienst zu wechseln, die diesen Schritt also bereits vor 2 oder 3 Jahren hätten machen können. So dürfte sich der Effekt weitgehend auf eine Verbesserung der Konkurrenzsituation mit anderen Bundesländern beschränken. Bei insgesamt überschaubaren Bewerberzahlen sollten sich die negativen finanziellen Auswirkungen auf die Pensionskasse in Grenzen halten. Zumal das Eingangsgehalt – trotz der vergleichsweise erfreulich hohen Einstiegsbesoldung, die Sachsen auslobt – auch und gerade für diese Altersgruppe nicht unbedingt lukrativ sein dürfte.

Als problematisch sieht die NRV dagegen die rein redaktionelle Änderung an, nach der, wie bisher, das beamtenrechtliche Disziplinarrecht auch auf Richterinnen und Staatsanwälte mehr oder weniger uneingeschränkt Anwendung finden soll.

Diesem Verweis liegt die Annahme zugrunde, dass es in Hinblick auf das Disziplinarrecht zwischen Beamten, für die das Gesetz gedacht ist, und Richterinnen, auf die es eben durch Verweis Anwendung finden soll, keine beachtenswerten Unterschiede gäbe, die über die im Richtergesetz ausdrücklich geregelten Eigenheiten (insbesondere zum Richterdienstgericht) hinausgehen. Diese Annahme ist mehr als gewagt. Eine eingehende Stellungnahme würde allerdings eine umfassende Analyse voraussetzen, die wiederum eines ausgiebigen fachlichen Austauschs bedurft hätte, für den in der gesetzten Frist von 3 Wochen kein Raum war. So beschränkt sich die Stellungnahme auf einige wenige Aspekte:

  1. Das materielle Disziplinarrecht wird wesentlich durch das Mäßigungsgebot bestimmt. Die unterschiedlichen Funktionen, die Beamtinnen einerseits und Richter andererseits erfüllen, legt es nahe, dass der Inhalt dieses Gebotes funktionsabhängig unterschiedlich bestimmt werden sollte. Diese Aufgabe gänzlich der Rechtsprechung zu überlassen, dürfte der Bedeutung dieser im Spannungsverhältnis zu Grundrechtspositionen stehenden Beschränkung nicht gerecht werden.
  1. Problematisch ist und bleibt das Verwertungsverbot, soweit bereits geahndete Vorkommnisse nicht mehr als Indiz für eine verfassungsfeindliche Haltung herangezogen werden dürfen. Trotz der deutlichen Ausweitung dieser Möglichkeit steht diese zeitliche Grenze einer umfassenden Bewertung einer Persönlichkeit, wie sie in Ausnahmefällen geboten sein kann, im Weg.
  1. Das Disziplinar-Prozessrecht muss beachten, dass bereits Ermittlungen die richterliche Unabhängigkeit tangieren können. Die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 7.9.2017, NJW 2018, 162-164) trägt dem aus Sicht der NRV nicht hinreichend Rechnung. Es spricht viel dafür, dass der Gesetzgeber in diesem die Gewaltenteilung unmittelbar umsetzenden Verhältnis weit konkretere Regelungen treffen muss, als dies im Beamtenrecht erforderlich (und zulässig) ist. Dies fängt bereits bei der Frage an, wer über die Einleitung disziplinarischer Ermittlungen gegen Richter entscheiden sollte. Denn insbesondere bei Verstößen gegen das Mäßigungsgebot, die oft der Disziplinargewalt des unmittelbaren Dienstherrn unterfallen, kann sich die Frage stellen, ob sich in einer Äußerung nicht mehr verbirgt als nur eine dem Richteramt unangemessene Wortwahl, nämlich eine verfassungsfeindliche Einstellung. Dies sollte entsprechend geprüft werden.
  1. Problematisch ist, nicht zuletzt in diesem Kontext, die mangelnde Professionalität, die einem Ermittlungsverfahren innewohnt, das von einer für das jeweilige Ermittlungsverfahren eingesetzten Ermittlungsführerin geleitet, wird, einer Person, die in aller Regel weder über eine entsprechende Ausbildung verfügt, noch über Erfahrung und/oder gar Expertise, noch über ein beratendes Team. Je weniger „Disziplinarunterworfene“ eine Einheit aufweist, desto stärker wirken sich diese Umstände aus. Deshalb gilt dies für die vergleichsweise „kleine“ Justiz in besonderer Weise.

Das richterliche Disziplinarrecht sollte, wie dies soeben bei der Bestimmung eines eigenständigen Höchsteintrittsalters geschieht, dem einschlägigen Art. 98 Abs. 3 GG entsprechend, eigenständig geregelt werden, statt sich mit einem Verweis auf beamtenrechtlichen Regelungen zu begnügen.

 

Ruben Franzen

Sprecher der Landesgruppe Sachsen der NRV

 

 

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