Erklärung der NRV für ein verfassungskonformes richterliches Beurteilungswesen
Richterbeurteilung ist Aufgabe von Gerichtspräsidien
Die Beurteilungspraxis, die eine Beurteilung von Richterinnen und Richter durch die Präsidentinnen und Präsidenten der Gerichte als Teil der Justizverwaltung vorsieht, ist mit den verfassungsrechtlichen Postulaten der Gewaltenteilung und der richterlichen Unabhängigkeit nicht zu vereinbaren. Im Rahmen der aktuell anstehenden gesetzlichen Neuregelungen des richterlichen Beurteilungswesens muss daher in erster Linie die Zuständigkeit für die Erstellung der dienstlichen Beurteilung von Richterinnen und Richtern geändert werden.
Beurteilungen sind unweigerlich subjektiv. Sie sind nach allen Erkenntnissen der Psychologie stets auch von nicht sachlichen Elementen geprägt. Eine Konzentration auf nur einzelne Personen, welche zudem noch der Exekutive angehören, öffnet Willkürentscheidungen Tür und Tor.
Die NRV fordert deshalb eine Neuregelung, die sich am Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz Österreichs orientiert. Dort werden die Beurteilungen von einem sogenannten Personalsenat erstellt. Dieser besteht aus dem Gerichtsvorstand und mehrheitlich aus weiteren Mitgliedern, die aus und von der Richterschaft gewählt werden. Eine so gestaltete Gremienentscheidung bietet eine deutlich bessere Gewähr für eine sachliche Beurteilung, denn erst die Summe mehrerer Subjektivitäten führt zur Objektivität.
Nach der Gerichtsverfassung Deutschlands könnte diese Aufgabe von Gerichtspräsidien wahrgenommen werden. Eine solche auch nach Landesrecht mögliche Regelung hätte zudem den Vorteil einer erheblich höheren Akzeptanz bei in Bewerbungsverfahren unterlegenen Personen. Sie würde daher die erheblichen Friktionen vermeiden, die derzeit mit Konkurrentenstreitverfahren verbunden sind.