Abgesagt: Zukunftskonferenz Justiz

5. November 2020| LV Berlin / Brandenburg

Am 5. November 2020 im Plenarsaal des Landtages Brandenburg

Die Regierungskoalitionen im Land Brandenburg wollen nach den Worten des Koalitionsvertrages bereits vom 24. Oktober 2019 in einer Zukunftskonferenz Justiz
verschiedene Maßnahmen zur Stärkung der Selbstverwaltung der Justiz mit allen Akteurinnen und Akteuren diskutieren.
Wir haben eine solche breit angelegte Diskussion stets gefordert und begrüßen daher die jetzt – wenn auch aus unserer Sicht verspätet – begonnene Diskussion.

 

A.

Zur Stärkung der Selbstverwaltung der Justiz ist zwingend über folgenden fünf Punkte zu sprechen:

1. Richterinnen und Richter sind nicht verbeamtet. Daher ist die in § 10 des Brandenburgischen Richtergesetzes erfolgte Anbindung des Beamtenrechts für Richterinnen und Richter zu streichen. Die in Betracht kommenden beamtenrechtlichen Vorschriften sind in das Landesrichtergesetz oder nur für Richterinnen und Richter geltende Gesetze zu überführen.

2. Insbesondere die Besoldung der Richterinnen und Richter, der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ist in einem eigenen Besoldungsgesetz zu regeln. Die Höhe der derzeitigen Besoldung stellt sich allenfalls als reine Sicherung des Lebensunterhalts dar und ist weder verfassungsgemäß noch amtsangemessen.

3. Den Präsidien der Gerichte ist durch Landesgesetz das Recht einzuräumen, gegenüber dem Haushaltsgesetzgeber unmittelbar angeben zu können, welche Personalausstattung sie vor Ort tatsächlich für erforderlich halten. Eine umständliche Personalplanung über den Dienstweg und durch das Justizministerium kann die Realitäten und Besonderheiten vor Ort nicht abbilden.

4. Die umfassende Beteiligung der Richter- und Staatsanwaltsvertretungen bei allen innerdienstlichen Maßnahmen des Dienstherrn muss tatsächlich umgesetzt werden. Mit Erlass vom 16. April 2020 hat die Justizministerin die in der letzten Legislaturperiode noch Gesetz gewordene Erweiterung der Beteiligung in weiten Teilen wieder zurückgedreht und kurzerhand für nicht anwendbar erklärt. Wir halten das für einen offenen Rechtsbruch.

5. Das berufliche Fortkommen der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte muss vollständig neu gefasst werden. Das bisherige System der vermeintlichen Bestenauslese aufgrund von Beurteilungen durch Einzelpersonen wird mangels Transparenz nur noch von den Nutznießern akzeptiert. Die derzeitigen Beurteilungsentscheidungen ausschließlich durch die Exekutive sind systemfremd und (be)fördern willfährige Richterpersönlichkeiten, an denen niemand ein Interesse haben kann. Personalentscheidungen gehören in die Hand von richterlichen Gremien sowie in einen Richterwahlausschuss, der diesenNamen auch tatsächlich verdient.

 

B.

Daneben sind wenigstens zwei weitere Punkte für eine zukunftsfeste Justiz von Bedeutung, über die im Format einer Zukunftskonferenz ehrlicherweise ebenfalls zu sprechen ist:

1. Die Einführung der elektronischen Akte in den Gerichtsbarkeiten wird nach aktuellem Stand grandios scheitern. Wir haben nicht den Eindruck, dass dies zum derzeit geltenden Regelstichtag bereits Anfang 2022 noch gelingen kann.

2. Die sog. Fusionsstaatsverträge gehören ebenfalls auf den Prüfstand. Das Ziel, eine effiziente Justizstruktur in der Region Berlin-Brandenburg zu schaffen, ist weiter entfernt, denn je. Überdies hat sich eine Vielzahl von ganz unterschiedlichen Rechtslagen in den beiden Bundesländern herausgebildet, die ein unverändertes Festhalten an den über 15 Jahre alten Regelungen nicht mehr rechtfertigen können.

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