Transgenerationale Weitergabe
Einladung zur 17. Tagung
Unter transgenerationaler Weitergabe (bzw. transgenerationaler Übertragung) eines Traumas
wird allgemein die unbewusste Weitergabe eines von einer Person erfahren Traumas an deren Kinder oder Enkel verstanden. Diese „transgenerationell vererbten“ Emotionen wurden von Freud als
Gefühlserbschaft bezeichnet.
In Deutschland wurde die transgenerationale Trauma-Weitergabe seit den sechziger Jahren vor allem bei den überlebenden O p f e r n des Holocaust und deren Nachkommen beobachtet (A). In jüngster Zeit richtet sich die Aufmerksamkeit nun auch auf die Kinder und Enkel der T ä t e r und Mitläufer des NS-Regimes, die an der transgenerationalen Weitergabe von Schuldverstrickungen leiden (B).
A) Die traumatischen Holocaust-Erfahrungen, die von den O p f e r n der ersten Generation nicht verarbeitet werden konnten, sind nicht nur für diese, sondern auch für deren Nachkommen eine oft lebenslange Belastung. Denn die verstörenden extremtraumatischen Erlebnisse, die von der Elterngeneration nicht integriert werden konnten, werden unbewusst externalisiert und zusammen mit den daraus resultierenden inneren Konflikten von der Generation der Kinder und Enkel – ebenso unbewusst – übernommen.
Diese „sekundäre Traumatisierung“ der Kinder und Enkel zeigt sich in Schuldgefühlen wegen des Leids ihrer Eltern bzw. Großeltern, in emotionalen Störungen ihres Erlebens, in unerklärlichen Ängsten und Zwängen, in nicht integrierbaren Bildern und Impulsen und in Gefühlen von immer wiederkehrender (Selbst-)Fremdheit.
B) Bei den Kriegskindern, Nachkriegskindern und Enkeln der T ä t e r und Mitläufer des
NS-Regimes geht es meist um die verleugnete Schuld der Elterngeneration, die zum Familiengeheimnis stilisiert und durch das Nestbeschmutzer-Tabu geschützt wird. Diese destruktiven familiären Loyalitäten vermittelten den Kindern und Enkeln das Gefühl, kein Recht auf ein eigenes und unabhängiges Leben zu haben. Die Elterngeneration entledigte sich ihrer verleugneten Scham- und Schuldgefühle sowie ihrer Zweifel an der eigenen Lebensgeschichte durch die projektive Identifikation auf ihre Kinder, bei denen sie als eine unsichere Ahnung von etwas nicht Fassbaren, Dunklem und Drohenden wieder auftauchten. Dementsprechend waren familiäre Beziehungen auch von Angst geprägt – nicht um die Eltern, sondern vor ihnen.
Wir wollen im Verlauf der Tagung gemeinsam der Frage nachgehen, wie w i r in unseren Familien mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust konfrontiert wurden und welche Spuren die unbewusste und ungewollte Erbschaft des Nationalsozialismus in u n s hinterlassen hat.
Anreise: Freitag, den 4.Mai 2018, ab 15.00 Uhr
Abreise: Sonntag, den 6.Mai 2017, ab 12.30 Uhr