23. Mai – Tag der Mahnung für die Unabhängigkeit der Judikative
Ein weiteres Mal ruft MEDEL am 23. Mai den Tag der Mahnung für die Unabhängigkeit der Judikative aus und erinnert daran, dass die Unabhängigkeit der Judikative der Grundstein für jede freie und demokratische Gesellschaft ist.
Es ist ein weiteres Jahr vergangen, in dem die Herausforderungen, die sich gegen die Rechtsstaatlichkeit stellen nach Zahl und Intensität zugenommen haben.
Ein furchtbarer Krieg ist in Europa begonnen worden und Bilder, die wir alle glaubten auf Ewigkeit in die Geschichtsbücher verbannt zu haben sind zurück in jedermanns Blick – unschuldige Zivilisten erleiden die Schrecken des Krieges und eklatante Verletzungen humanitären Völkerrechts. MEDEL ruft dazu auf, dringend und eilig alle Hindernisse zu überwinden, die dem Bestand einer wahrhaftigen internationalen Strafjustiz entgegen stehen und die in der Lage ist, diejenigen abzuurteilen, die für die Gräuel verantwortlich sind.
In Polen verweigern sich die Behörden fortlaufend den Entscheidungen internationaler Institutionen und Gericht und Richter und Staatsanwälte werden weiterhin dafür verfolgt, suspendiert und bestraft, dass sie Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Judikative aufrecht erhalten. Die kürzliche Ernennung von Mitgliedern des Hohen Rates der Justiz in einem Verfahren, das bereits als unfähig erkannt wurde, die Unabhängigkeit dieses Gremiums von unbilligem Einfluss anderer Staatsgewalten zu gewährleisten ist ein klares Zeichen des Unwillens der polnischen Regierung dem Standard der Rechtsstaatlichkeit zu entsprechen. Aus diesem Grunde und unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs und des Gerichtshofs der Europäischen Union fordert MEDEL die EU-Kommission auf, mit Blick auf den Hohen Justizrat erneut das Vertragsverletzungsverfahren einzusetzen. Jetzt ist der Moment, in dem die EU-Institutionen in ihren Bemühungen, die Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedstaaten aufrecht zu erhalten, konsequent sein müssen. Wenn es um zentrale Werte der EU wie die Unabhängigkeit der Justiz geht, darf es keine Kompromisse geben. Jede weitere Amtshandlung des rechtswidrig errichteten Hohen Justizrates in Polen vertieft den bereits angerichteten Schaden, indem Richter irregulär ernannt werden, deren Urteile – gemäß der Rechtsprechung der Europäischen internationalen Gerichte – zukünftig angefochten werden können.
Wie MEDEL schon seit vielen Jahren warnend festgestellt hat, erfordert der Kampf um Unabhängigkeit der Justiz auch die Einrichtung wirklich unabhängiger Strafverfolgungsstrukturen in allen Mitgliedstaaten, wobei der Exekutive keine Einflussnahme auf die Auswahl der Staatsanwälte und Generalstaatsanwälte eingeräumt sein darf und wo klare Regeln erforderlich sind, um die Unabhängigkeit strafrechtlicher Ermittlungen zu gewährleisten. MEDEL ruft alle Staaten auf, die erforderlichen Reformen zu verabschieden, um die Existenz einer wirklich unabhängige Staatsanwaltschaft zu sichern.
An diesem Tage lasst uns auch all unserer türkischen Kollegen gedenken und ihrem endlosen Ringen um die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit in ihrem Land, darunter Murat Arslan, den Präsidenten von YARSAV, der weiterhin inhaftiert ist und mit einer weiteren Verurteilung überzogen wurde, bei der die Anforderungen an einen rechtsstaatlichen Prozess nicht gewahrt wurden. MEDEL fordert die sofortige Freilassung von Murat Arslan und die vollständige Wiedereinsetzung aller Richter und Staatsanwälte die unfair entlassen wurden.
Den Kampf um Rechtsstaatlichkeit niemals ruhen zu lassen ist der beste Weg, wie wir dem Gedenken an Giovanni Falcone und all derjenigen, die ihr Leben für die Justiz gegeben haben, dienen können.
23. Mai 2022
Jedes Jahr am 23. Mai ehrt MEDEL das Gedenken von Giovanni Falcone, den italienischen Richter, der von der Mafia an diesem Tag des Jahres 1992 ermordet wurde, dem Tag, den MEDEL zum Tag der Mahnung für die Unabhängigkeit der Judikative erklärt hat.