Ergebenheit statt Bestenauslese?

Zur Änderung der ZustVO JM NRW

Das nordrhein-westfälische Ministerium für Justiz plant die dienstrechtliche Überbeurteilung von Richter*innen des Landes ab der Besoldungsgruppe R3 (Vorsitzende Richter*in am Oberlandesgericht, Landesarbeitsgericht, Landessozialgericht und Finanzgericht) an sich zu ziehen. Mit der sog. Überbeurteilung soll sichergestellt werden, dass eine erste Beurteilung durch den unmittelbaren Dienstvorgesetzten zur Gewährleistung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabes durch eine weitere Beurteilung abgeändert werden kann. Mit dem jetzt vorgelegten Entwurf  zur Änderung der Beamten- und Disziplinarzuständigkeitsverordnung JM (ZustVO JM) sollen diese Überbeurteilungen nicht mehr wie bisher justizintern durch die Leitungen der Mittelbehörden (also etwa die Präsident*innen der Oberlandesgerichte) sondern das Ministerium selbst erfolgen. Diese Pläne – die innerhalb der Justiz für erheblichen Unmut sorgen – werden von der Neuen Richtervereinigung NRW scharf kritisiert.

Der Berufsverband sieht in diesem Vorhaben eine gezielte Schwächung der Unabhängigkeit der Justiz in Nordrhein-Westfalen.

„Das Ministerium für Justiz schafft sich so  unverhohlen noch mehr Einfluss auf die Personalauswahl, nicht nur bei der Besetzung von Spitzenämtern der Gerichtsleitung, sondern durch die Beurteilung der Vorsitzenden aller Obergerichte – einschließlich aller Bewerber*innen auf diese Ämter – auch im originären Bereich der Rechtsprechung“, erklärt der Sprecher der NRV Felix Helmbrecht.

Dagegen bestünden nicht nur durchgreifende rechtliche Bedenken. Eine solche Einflussnahme verstärke zudem das Misstrauen, dass bei Personalentscheidungen in der Justiz weniger die Bestenauslese, als vielmehr eine mögliche Ergebenheit gegenüber dem Ministerium zum Tragen komme, so Helmbrecht.

Gerade in Zeiten, in denen die rechtsstaatlichen Standards in europäischen Nachbarländern wie Polen und Ungarn zusehends ausgehöhlt werden, gelte es die Unabhängigkeit der Justiz hierzulande zu schützen und zu stärken. „Dies wird nur durch ein strikt an der Bestenauslese orientiertes faires und transparentes Beurteilungs- und Beförderungswesen gewährleistet, nicht jedoch durch ministerielle Steuerung“.

In Niedersachsen sind entsprechende Pläne des Justizministeriums nach deutlichen Protesten im vergangenen Jahr wieder ad acta gelegt worden. Es bleibe nun zu hoffen, dass sich auch in Nordrhein-Westfalen so viel Einsicht findet, erklärt der Sprecher der Neuen Richtervereinigung abschließend.

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