01.12.2004 | FG Verwaltungsrecht
Positionspapier
Whistleblowing
In einer Zeit, in der gesellschaftliche, wissenschaftliche und technische Entwicklungen immer komplexer werden und Wettbewerb und Konkurrenzdruck zu fragwürdigen Ge-heimhaltungsmechanismen führen, ist es gesellschaftlich nicht nur wünschenswert, sondern notwendig, dass die für die Allgemeinheit relevanten Abläufe transparent gemacht und Insider-Informationen nicht unterdrückt werden. Um auf diese Notwendigkeit aufmerksam zu machen und zu entsprechenden Verhaltensweisen zu ermutigen, wird in Deutschland seit 1999 der „Whistleblower-Preis“ verliehen. Ansonsten gibt es für Whistleblower in Deutschland noch keine Tradition.
Der Begriff „Whistleblowing“ wird hierzulande eher mit „verpfeifen“ übersetzt und ruft die Assoziation mit Denunziantentum und Nestbeschmutzung hervor. Das bundesdeutsche Recht kennt kaum Schutzvorschriften. So bleibt es vorerst der Rechtsprechung überlassen, im arbeits- und dienstrechtlichen Bereich Rechtsfortbildung zu betreiben. Im wohlverstandenen Interesse der Allgemeinheit bedarf es allerdings bundesweit geltender Gesetzesmaßnahmen. Die Alarm schlagenden Beschäftigten in Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst müssen die Gewissheit haben, bei Offenlegung von Missständen und Risiken nicht ihr berufliches und soziales Umfeld zu verlieren. Flankierend muss endlich auch auf Bundesebene ein Informationsfreiheitsgesetz verabschiedet werden, damit Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, bei Behörden und sonstigen öffentlichen oder mit öffentlichen Geldern gestützten Stellen jederzeit Einsicht in Vorgänge und Unterlagen zu nehmen.
Nur durch die aktive Förderung und rechtlichen Schutz von Zivilcourage am Arbeitsplatz sowie durch die Schaffung von mehr Transparenz können gesellschaftlich relevante Missstände und Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt, risiko- und gefahrträchtige Ent-wicklungen in Wissenschaft und Forschung rechtzeitig diskutiert und Rechtsverstöße durch unlauteres oder betrügerisches Zusammenwirken von staatlichen Organen und Privatpersonen aufgedeckt werden.
Neben diesem rechtlichen Rahmen muss sich auch in den Köpfen der Menschen etwas ändern: weg von Corpsgeist und falsch verstandener Loyalität hin zu einer verantwor-tungsbewussten zivilen Gesellschaft mit verantwortlich handelnden Bürgerinnen und Bürgern.
(Langfassung im download)