07.03.1997 | Bundesmitgliederversammlung
Erklärung der Mitgliederversammlung der Neuen Richtervereinigung vom 6. bis 8.März 1997 in Heidelberg zu den Castortransporten
Der Innenminister des Bundes nennt die jüngsten Castortransporte einen Sieg des Rechtsstaats. In Wirklichkeit war das ein Sieg der Regierung gegen die Bevölkerung auf Kosten des Rechtsstaats.
Wir solidarisieren uns mit dem Widerstand der betroffenen Menschen und protestieren gegen die Kriminalisierung des Protestes gegen die Castortransporte. Seit dreißig Jahren werden Kerntechnische Anlagen genehmigt, obwohl das Atomgesetz für die Errichtung und den Betrieb der Anlagen als unabdingbare Genehmigungsvoraussetzung die Sicherstellung einer geordneten Beseitigung der anfallenden radioaktiven Abfälle nennt. Eine endgültige Entsorgung ist immer noch nicht möglich. Weltweit gibt es keine gesicherten Endlagerkonzepte.
Stattdessen wird der Widerstand der Bevölkerung gegen die Jahrtausende dauernde Gefährdung des Lebens, der Gesundheit und der Umwelt diffamiert und kriminalisiert. Der Rechtsstaat gerät ins Wanken durch den unkritischen Schutz atomarer Großtechnologien, die gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit durchgesetzt werden und die vor allem den eigennützigen Interessen der Energieversorgungsunternehmen dienen. Gefahr für den Rechtsstaat droht in Gorleben nicht durch Demonstranten, sondern durch die zwangsweise Durchsetzung von Regierungsentscheidungen. Wer, wie Innenminister Kanther, friedliche Demonstranten als Schützenhelfer für Gewalttäter diffamiert. stellt die eigene Verfassungstreue in Frage.
Politik und Wirtschaft setzen immer noch auf Kernkraft und polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen. Alternative Energieversorgungskonzepte bleiben unterenwrickelt. Wir fordern den Stop der kerntechnischen Energieversorgung und den Ersatz durch Energiesparkonzepte und alternative Energieversorgung.