18.08.1999 | LV Hessen

Offener Brief

Besetzung von Beförderungsstellen ohne Ausschreibung

Schreiben an das HMdJ

Betr.: Besetzung von R2-Stellen bei den Verwaltungsgerichten Darmstadt und Kassel

Sehr geehrter Herr Staatssekretär,

der Landesverband Hessen der Neuen Richtervereinigung begrüßt die zwischen Herrn Staatsminister Dr. Wagner und der Präsidentin und den Präsidenten der hessischen Verwaltungsgerichte am 12.7.1999 im Hessischen Ministerium der Justiz gefundene Konsenslösung, wonach die bereits freie R 2-Stelle beim Verwaltungsgericht Darmstadt und die zum 1.10.1999 freiwerdende R 2-Stelle beim Verwaltungsgericht Kassel wieder besetzt werden sollen.

Soweit für die Besetzung der R 2-Stelle beim Verwaltungsgericht Kassel eine Ausschreibung unterbleiben soll und als Bewerber für diese Stelle allein Richter und Richterinnen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes in Betracht gezogen werden, widersprechen wir dieser Vorgehensweise jedoch auf das Entschiedenste. Wir halten diese Verfahrensweise für rechtswidrig.

Sowohl § 2a HRiG als auch § 8 Abs. 1 HGIG gebieten vorliegend eine Ausschreibung. Soweit der Präsident des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes der Auffassung ist, es handele sich bei der zu besetzenden R 2-Stelle beim Verwaltungsgericht Kassel nicht um eine „freie“ Planstelle, so daß § 2a HRiG nicht zur Anwendung komme, trifft dies nicht zu. Die geplante Maßnahme soll nämlich dazu führen, daß ein Richter/eine Richterin des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes endgültig das Amt eines Vorsitzenden Richters/einer Vorsitzenden Richterin am Verwaltungsgericht Kassel wahrnimmt. Zwar ist die entsprechende Planstelle zum jetzigen Zeitpunkt nicht frei; die geplante Personalmaßnahme zielt aber bereits jetzt auf den Zeitpunkt ab, zu dem die Planstelle wieder frei sein wird. § 2a HRiG gebietet daher die Ausschreibung der Planstelle.  Das gleiche folgt vorliegend aus § 8 Abs. 1 HGIG. Dort heißt es u. a., daß in allen Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, „zu besetzende Personalstellen" grundsätzlich auszuschreiben sind. Das Absehen von einer Ausschreibung kann auch nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, daß ein zweitinstanzlicher R 2-Richter von vornherein unter dem Gesichtspunkt der sog. Bestenauslese einem R 1-Richter vorzuziehen sei. Daß dem nicht so ist, hat auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof bereits festgestellt (ESVGH 43, 86).

Selbst wenn man aber davon ausginge, daß es sich bei der personellen Maßnahme allein um die vorübergehende Übertragung eines Dienstpostens handeln solle, wofür allerdings jegliche Anhaltspunkte fehlen, ist die beabsichtigte Vorgehensweise zumindest unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Dienstherrn zu beanstanden. Auch bei der sog. Dienstpostenübertragung ist nämlich der Grundsatz der Bestenauslese zu beachten.

Ausschreibungen dienen nach der in der Literatur vertretenen Meinung dazu, daß der Grundsatz der Bestenauslese gewahrt werden soll. ln Hessen kommt daneben noch der Gesichtspunkt hinzu, daß der gleiche Zugang von Frauen und Männern zu öffentlichen Ämtern sichergestellt werden soll. Daß diesen Gesichtspunkten zwar bei der Besetzung der R 2-Stelle beim Verwaltungsgericht Darmstadt, nicht aber bei der des Verwaltungsgerichts Kassel Rechnung getragen werden soll, ist nicht nachvollziehbar.
Aufgrund der obigen Ausführungen gehen wir davon aus, daß Sie auch hinsichtlich der R 2-Stelle beim Verwaltungsgericht Kassel den Weg einer Ausschreibung beschreiten werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dateien zum Download

zurück