20.06.2012 | FG Verwaltungsrecht
Stellungnahme
Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes
Wir begrüßen zunächst die Streichung der Einschränkung in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Nr. 1 UmwRBG, dass Rechtsbehelfe von Vereinigungen nur zulässig und begründet sind, wenn gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird, die auch „Rechte Einzelner begründen“ (Art. 1 Nr. 2a)aa) und c) des Entwurfs).
Befremdlich ist hingegen die Einfügung von „Maßgaben zur Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung“ nach § 2a (Art. 1 Nr. 3 des Entwurfs). Im Einzelnen ist kein sachlich überzeugender Grund erkennbar, warum die Verbandsklage Anlass geben sollte, für Umweltrechtsbehelfe eine gesetzliche Klagebegründungspflicht einzuführen. Auch für eine gesetzliche Wiedergabe der gefestigten Rechtsprechung zum Prüfungsumfang bei Einräumung eines Beurteilungsspielraums wird keine Notwendigkeit gesehen. Ebenfalls fehlt es an überzeugenden sachlichen Gründen für die Modifizierung des Prüfungsmaßstabes für die Herstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Die Begründung hierzu lässt lediglich die fortbestehende Abneigung gegen die - europarechtlich vorgegebene - Verbandsklage und das Misstrauen gegenüber den Verbänden erkennen. Warum sonst gälte es einen „Ausgleich zwischen der umweltrechtsschützenden Zielsetzung von Verbandsklagen einerseits und den Belangen der von Verbandsklagen Betroffenen andererseits sicherzustellen“? Gibt es bei anderen Klagen, in denen es um Rechte Einzelner geht, keinen solchen Ausgleich oder ist die - europarechtlich verfolgte - umweltrechtsschützende Zielsetzung minderwertig? Soll weiterhin „verhindert werden, dass das Instrument der Verbandsklage in der Praxis zu sachlich nicht gerechtfertigten Verzögerungen von Vorhaben instrumentalisiert wird“, so fragt es sich, welche Erfahrungen mit der schon seit Jahren eröffneten und von den Verbänden wahrgenommenen (eingeschränkten) Verbandsklage besondere Vorsorge gebieten.
Besonders kritisch zu sehen wäre die angedachte „Modifizierung“ des gerichtlichen Untersuchungsgrundsatzes durch eine Änderung des § 86 Abs. 1 VwGO. Eine Einschränkung dahin, dass das Gericht auf die Prüfung von Rügen, die sich aus den zur Begründung vorgetragenen Tatsachen, Beweismitteln und Anträgen ergeben, beschränkt ist, würde bei den Umweltrechtsbehelfsverfahren zu einer Durchbrechung des ansonsten für alle anderen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten geltenden Untersuchungsgrundsatzes führen. Bisher gab es eine – faktische – Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes durch den Beibringungsgrundsatz in einzelnen verwaltungsgerichtlichen Verfahren für Umstände, die in der Sphäre eines Beteiligten liegen. Darum geht es bei den Rügen in Verbandsklagen aber gerade nicht. Sie gehören zum klassischen gerichtlichen Untersuchungsgrundsatz.