19.06.2012 | FG Verwaltungsrecht

12. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz: Gerechte Verteilung von Schutzsuchenden in Europa?

Fragen an die Dublin II-Verordnung

Tagungsbericht

 

Studienleiter/in: Dr. Rüdiger Sachau / Signe Glahn

 

1. Projektdaten

12. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz
18. - 19.06. 2012
Französische Friedrichstadtkirche auf dem Gendarmenmarkt, Berlin


Kooperationspartner

  • UNHCR
  • UNO-Flüchtlingshilfe e.V.
  • Amnesty International
  • Arbeiterwohlfahrt Bundesverband
  • Arbeitsgemeinschaft Ausländer - und Asylrecht des Deutschen Anwaltvereins
  • Deutscher Caritasverband
  • Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband
  • Deutsches Rotes Kreuz
  • Diakonisches Werk der EKD
  • Evangelischer Kirchenkreis Mitte
  • Neue Richtervereinigung
  • PRO ASYL
  • Von Loeper Literaturverlag


Beteiligte Personen

An der Vorbereitung und Planung war wie in den Jahren zuvor die Memogruppe, bzw. die Symposiums-AG der Memogruppe (bestehend aus Nele Allenberg, EKD; Roland Bank, UNHCR; Kerstin Becker, Rotes Kreuz und Marei Pelzer, PRO ASYL), in enger Zusammenarbeit mit der Evangelischen Akademie zu Berlin beteiligt.
Von Seiten der Akademie waren in diesem Jahr vier Personen in den Planungs- und Durchführungsprozess eingebunden (Dr. Rüdiger Sachau, Signe Glahn, Belinda Elter und Hannah Kickel-Andrae).

2. Konzept

Zum 12. Mal führte die Evangelische Akademie zu Berlin im Sommer 2012 gemeinsam mit UNHCR, Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen wie der UNO-Flüchtlingshilfe, Wohlfahrtsverbänden, Richter- und Anwaltsvereinigungen das Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz durch. Der Zeitpunkt war wie immer zum Weltflüchtlingstag.

Das Tagungsformat des Symposiums lebt davon, dass an der Konzeption, Planung und Durchführung elf zentrale Akteure des Flüchtlingsschutzes beteiligt sind. Dieser Kreis verfügt über ein großartiges Netz von Kontakten zu unterschiedlichsten Akteuren im Feld „Flüchtlinge“. Durch dieses hochkarätige Institutionsnetz gehörte das Flüchtlingssymposium auch in diesem Jahr wieder zu einer der zentralen Konferenzen im Feld des Flüchtlingsschutzes in Deutschland und hat jetzt einen Bekanntheitsgrad und Position erreicht, der bewirkt, dass man unabhängig von Thema und Schwerpunkt selbstverständlich an der Veranstaltung teilnimmt.
Dieses Jahr wollte das Symposium die „Gerechte Verteilung von Schutzsuchenden in Europa“ ins Zentrum der Aufmerksamkeit stellen. Die Gremien der Europäischen Union arbeiteten an der Reform des Europäischen Asylaquis, und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatten zu zentralen Problemfeldern des Flüchtlingsschutzes wichtige Grundsatzurteile gefällt, die der Debatte um die europäische Flüchtlingspolitik neue Nahrung gegeben hatten. Das Symposium wollte vor diesem Hintergrund eine Bestandsaufnahme und Reflektion des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ermöglichen und die Auswirkungen auf Asylsuchende und die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die politischen Implikationen mit denkbaren Alternativmodellen beleuchten.

3. Tagungsziel und Nachhaltigkeit

Das Ziel des Symposiums ist im Kern einmal jährlich die staatlichen, zivilgesellschaftlichen, professionellen und internationalen Akteure, die sich mit dem Schutz der Flüchtlinge befassen, deutschlandweit in einen gelungenen Dialog zu bringen. Das Symposium ist der Gesprächsort zwischen der Zivilgesellschaft und den staatlichen Institutionen, bei dem breit und offen die Fragen des Flüchtlingsschutzes erörtert werden, und es sollte klare Signale und Botschaften für die politisch Verantwortlichen abgeben.
Zielgruppe waren Vertreter von Ministerien, Behörden, Gerichten und Nichtregierungsorganisationen sowie ehrenamtliche Unterstützer von Flüchtlingen.
Die Nachhaltigkeit des Symposiums, auch im 12. Jahr besteht darin, dass kontinuierlich Kontakte und Austausch zwischen Menschen aus den verschiedenen im Flüchtlingsschutz engagierten Bereichen ermöglicht werden und das Thema auf der Agenda des öffentlichen Diskurses bleibt.

4. Verlauf der Tagung

Organisatorisch lief alles sehr professionell.
Außer der verspäteten Ankunft der Referentin Gil-Bazo und dem demzufolge späteren Anfang ihres Vortrages verliefen die inhaltlichen Teile der Tagung auch wie geplant und ohne Zwischenfälle.
Zum ersten Mal wurden als Experiment die englischen Vorträge nicht ins Deutsche übersetzt.
Das Fest fand dieses Jahr in der Parochialkirche statt.
Das eingefügte Programm gibt den aktuellen Verlauf wieder:

Montag, den 19. Juni 2012
Ab
8.45 Uhr Anmeldung und Kaffee

9.45 Uhr Eröffnung
Dr. Rüdiger Sachau, Direktor, Evangelische Akademie zu Berlin
Dr. Michael Lindenbauer, UNHCR-Vertreter für Deutschland und Österreich, Berlin

10.00 Uhr Einblicke in die Asylsysteme Italiens, Ungarns und Griechenlands
Einführung
: Kerstin Becker, Deutsches Rotes Kreuz, Berlin, und Vorstandsmitglied, European Council on Refugees and Exiles, Brüssel

Griechenland: Salinia Stroux, Journalistin/Ethnologin, Athen
Italien: Jürgen Humburg, UNHCR, Rom 3
Ungarn: Dr. Boldizsar Nagy, Eötvös Loránd Universität und Central European University, Budapest

11.30 Uhr Kaffeepause

12.00 Uhr Das Urteil des EuGH zur grundrechtskonformen Anwendung der Dublin II VO – Impuls
Dr. Berthold Huber, Vorsitzender Richter VG, Frankfurt a. M.

12.30 Uhr Mittagessen

14.00 Uhr Erfüllt das Dublin-System seinen Zweck?
Maria-Teresa Gil-Bazo, Lecturer in Law, Newcastle University


Arbeitsforen
14.30 Uhr – 17.30 Uhr (Kaffee in den Foren)

1. Situation in Ungarn und Konsequenzen für das Dublinverfahren
Dominik Bender, Rechtsanwalt, Frankfurt a. M.
Henrike Janetzek, UNHCR, Nürnberg
Dr. Boldizsar Nagy, Eötvös Loránd Universität und Central European University, Budapest
Iris Escherle, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg
Moderation: Nele Allenberg, Evangelische Kirche in Deutschland, Berlin

2. Resettlement: Überlegungen zur Umsetzung des deutschen Resettlementprogramms
Andrea Kothen, PRO ASYL, Frankfurt a. M.
Ingeborg Heck-Böckler, Amnesty International, Aachen
Paul Middelbeck, Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, Hannover
Norbert Scharbach, Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Integration, Kiel
Moderation: Norbert Trosien, UNHCR, Berlin

3. Dublinverfahren in Deutschland – aktuelle Problemlagen
Dr. Berthold Huber, Vorsitzender Richter VG, Frankfurt a. M.
Renate Leistner-Rocca, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg
Marei Pelzer, PRO ASYL, Frankfurt a. M.
Moderation: Katharina Stamm, Diakonisches Werk der EKD, Berlin

4. Zugang nach Europa – Zusammenarbeit mit nordafrikanischen Staaten
Richard Ares Baumgartner, FRONTEX, Warschau
Katharina Braig, Auswärtiges Amt, Berlin
Karl Kopp, PRO ASYL, Frankfurt a. M.
Franziska Vilmar, Amnesty International, Berlin
Moderation: Dr. Nora Markard, Zentrum für europäische Rechtspolitik (ZERP), Universität Bremen

5. Rechtsprechung des EuGH: Möglichkeiten und Grenzen der Verfahren vor dem EuGH und bisher gesetzte Standards
Möglichkeiten und Grenzen der Verfahren vor dem EuGH:

Nikolaus Graf Vitzthum, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Berlin
Standardsetzung durch den EuGH in den bisherigen Verfahren:
Prof. Dr. Uwe Berlit, Vorsitzender Richter BVerwG, Leipzig
Dr. Reinhard Marx, Rechtsanwalt, Frankfurt a. M.
Frank Mengel, Bundesministerium des Innern, Berlin
Moderation: Dr. Roland Bank, UNHCR, Berlin 4

6. Stand der Verhandlungen zur Asylverfahrens- und Aufnahmerichtlinie
Friederike Foltz, UNHCR, Berlin
Anja Klabundt, Bundesministerium des Innern, Berlin
Stefan Keßler, Jesuit Refugee Service, Brüssel
Moderation: Kerstin Becker, Deutsches Rotes Kreuz, Berlin

18.30 Uhr Sommerfest
Parochialkirche, Klosterstraße 67, Berlin Mitte

Dienstag, den 19. Juni 2012

9.30 Uhr Menschenrechte und Flüchtlingsschutz
Markus Löning, Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, Berlin

Diskussion mit dem Publikum

10.15 Uhr Praktische Zusammenarbeit im gemeinsamen Europäischen Asylsystem
Kris Pollet, Senior Legal and Policy Officer, European Council on Refugees and Exiles, Brüssel

11.00 Uhr Stand des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems
Daniel Endres, Europadirektor, UNHCR, Brüssel

11.45 Uhr Kaffeepause

12.15 Uhr Alternativen zum Dublinsystem
Impuls: Dr. Reinhard Marx, Rechtsanwalt, Frankfurt a. M.
Podiumsdiskussion
Viola von Cramon, MdB, Bündnis 90/Die Grünen, Berlin
Kerstin Griese, MdB, SPD, Berlin
Stephan Mayer, MdB, CDU/CSU, Berlin
Petra Pau, MdB, Die Linke, Berlin
Hartfrid Wolff, MdB, FDP, Berlin
Günter Burkhardt, PRO ASYL, Frankfurt a. M.
Wolfgang Grenz, Amnesty International, Berlin
Moderation:
Bernd Pickert, Journalist, Die Tageszeitung, Berlin


13.30 Uhr Ende der Tagung

5. Inhaltliche Kernaussagen

Ein ausführlicher Tagungsbericht von Nora Markard, Universität Bremen, in der Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik in diesem Jahr publiziert und gibt die inhaltlichen Kernaussagen weiter:

Dr. Nora Markard, Bremen (*)
Gerechte Verteilung von Schutzsuchenden in Europa? Fragen an die Dublin II-Verordnung – 12. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz, 18.-19. Juni 2012, Berlin
Tagungsbericht


Nachdem das Thema „Dublin“ auf vergangenen Symposien bereits eine feste Konstante geworden war, stand das diesjährige Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz ganz im Zeichen der Dublin II-Verordnung.(1) Anlass waren zum einen zwei Grundsatzurteile des EuGH(2) und des EGMR(3), die das Dublin-System jedenfalls in seiner derzeitigen Form wesentlich in Frage stellen. Die Dublin II-VO bestimmt den zuständigen Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens, und dies ist grundsätzlich der Staat des ersten – legalen oder nicht legalen – Grenzübertritts nach Europa. Die strukturelle Verantwortung der Grenzstaaten, die mit dieser Regelung verbunden ist, sollte durch eine Unterstützung bei der Grenzsicherung ausgeglichen werden, eine Aufgabe die seit 2005 die EU-Agentur FRONTEX wahrnimmt. Die Grenzsicherung der Mitgliedstaaten gerade im Mittelmeer war jedoch im letzten Jahr ebenfalls Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung – im Fall Hirsi/Italien(4) hatte der EGMR im März 2012 die italienischen Pushback-Operationen nach Libyen für konventionswidrig befunden. Dabei bleibt die Herausforderung der südeuropäischen Staaten im Umgang mit Flüchtlingszahlen, die im Zuge des Arabischen Frühlings und des Libyenkriegs wieder angestiegen sind, real.
Mitschwingendes Tagungsthema war daher auch die innereuropäische Solidarität, wie auch Michael Lindenbauer (UNHCR Deutschland und Österreich) in seiner Begrüßung betonte. Die steigenden Zahlen von Schutzsuchenden seien übertrieben worden, so Lindenbauer, wobei der Eindruck erweckt worden sei, von ihnen gehe eine abzuwehrende Gefahr aus. Gleichzeitig, und hier zitierte er EU-Kommissarin Cecilia Malmström, sei im letzten Jahr im Mittelmeer das europäische Schutzversprechen auf die Probe gestellt worden, eine Prüfung bei der Europa kollektiv versagt habe. Solidarität mit den Schutzsuchenden sei ein Wesensprinzip der europäischen Flüchtlingspolitik, insofern sei das Thema Dublin nicht nur hochaktuell sondern auch von zentraler Bedeutung für die Zukunft des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Ohne eine solidarische Haltung, die Flüchtlingsschutz als gemeinsame Aufgabe begreife, werde die EU nicht als Wertegemeinschaft funktionieren. Flüchtlingsschutz müsse nach innen und nach außen wirksam sein.


I. Einblicke in die Asylsysteme Griechenlands, Italiens und Ungarns
Das Symposium begann mit einem sehr eindrucksvollen Einblick in die Situation in drei Mitgliedstaaten, die die derzeitige Diskussion im die Zukunft des Dublin-Systems dominieren.

1. Die Situation in Griechenland
Die Journalistin und Ethnologin Salinia Stroux (Athen) begann mit einer Darstellung zur Situation in Griechenland, die sie mit bewegenden und teils schockierenden Fotos begleitete.
Die Situation dort, die im Herbst 2010 beim BVerfG verhandelt wurde(5) und dann zu einem inzwischen erneuerten Überstellungsstopp seitens der Bundesregierung führte, hat sich demnach kaum verbessert.(6)
Im Herbst 2010 sei ein nationaler Aktionsplan zur Reform des Asylsystems erlassen worden. Seitdem sei auch ein präsidialer Erlass in Kraft, der insbesondere ein Widerspruchsverfahren eingeführt habe. Während in der ersten, polizeilichen Instanz die Anerkennungsrate bei 1% stagniere, liege sie in der neuen zweiten Instanz, einem dreiköpfigen aus UNCHR, Ministerium und MenschenrechtsanwältInnen besetzten Asylprüfungskomitee, bei immerhin 28,2%. Es gebe jedoch einen „backlog“ von 45.000 Altfällen, die sich z.T. bereits seit 12 Jahren im Verfahren befänden; beim Abbau dieses backlogs würden aussichtsreiche Fälle zuerst geprüft. Zudem habe 2011 ein weiterer Präsidialerlass eine unabhängige Asylbehörde eingeführt, der aber wegen des Stellen-Freeze seine Arbeit nicht aufnehmen könne.
Daher werde das Screening an der griechisch-türkischen Grenze, v.a. in Evros, vornehmlich im Rahmen einer von FRONTEX koordinierten operativen Grenzschutzmaßnahme, teils durch sogenannte Soforteinsatzteams durchgeführt. Das EU-Asylunterstützungsbüro EASO(7) stehe Griechenland ebenfalls zur Seite. In Evros, dem Haupteinreisepunkt an der Grenze, bestehe dennoch kaum Zugang zu Rechtsberatung und Übersetzung, eine Registrierung des Antrags sei nicht gesichert, und Schutzanträge bei Festnahmen würden routinemäßig mit dreimonatiger Haft „bestraft“. Oft würden falsche Nationalitäten oder Altersgruppen „festgestellt“.
Die verfahrensrechtlichen Fortschritte seien zudem derzeit bedroht, da ein neuer Erlassentwurf vorsehe, die Zweitinstanz auf ein schriftliches Verfahren zu beschränken, den humanitären Statuts abzuschaffen und die Widerspruchsfrist auf 15, bei Inhaftierten auf drei Tage zu senken; gleichzeitig soll eine Haft von bis zu sechs Monaten möglich sein.
In Athen, wo die meisten nach Freilassung lebten, bildeten sich vor der Ausländerpolizei nach wie vor bereits Tage vor dem einzigen wöchentlichen Öffnungstag Schlangen, schikaniert von der Polizei, von denen jeweils nur die 20 ersten Wartenden eingelassen würden. Die „rote Karte“, die dort beantragt werde, legalisiere den Aufenthalt für 3-6 Monate während des Asylverfahrens und müsse vor Ablauf verlängert werden – dies sei aber nicht nur ohne anwaltliche Unterstützung fast unmöglich, die Akten gingen dabei auch oft verloren, worauf die Betroffenen nach drei Monaten automatisch aus dem Asylverfahren herausfielen. Doch selbst mit gültigen Papieren drohe Festnahme durch die Polizei, die dann am nächsten Morgen ohne ausreichende Information und ohne Hinzuziehung einer Rechtsberatung (und oft auch ohne Übersetzung) ein Asylinterview durchführe, wobei auch die Widerspruchsfrist oft nicht mitgeteilt werde. Hierdurch solle offenbar der backlog reduziert werden.
Die Lebenssituation Schutzsuchender bleibe desolat. Es gebe nur 800 Plätze in staatlichen Unterkünften, oft ohne Nahrungsmittelversorgung. Obdachlosen drohten nun neue Inhaftierungsmöglichkeiten zum Schutz der öffentlichen Gesundheit. Schutzsuchende müssten mangels Sozialhilfe auf Suppenküchen zurückgreifen und auf Arbeit als Müllsammler und seien neben Ausbeutung auch zunehmender rassistischer Gewalt aus der Bevölkerung und von Seiten der Polizei ausgesetzt. Stroux endete mit der Geschichte eines Südsudanesen, der angesichts der in Griechenland erfahrenen Gewalt die Rückkehr in den Sudan wählte, wo er nun verschollen ist.

2. Die Situation in Italien
In Italien, so der UNCHR Senior Regional Protection Associate Jürgen Humburg (Rom), bestünden ebenfalls nach wie vor erhebliche Probleme.(8) Humburg betonte im Hinblick auf die deutsche Debatte über die Zulässigkeit von Abschiebungen nach Italien insbesondere, dass der Umstand, dass UNHCR bisher kein Positionspapier zu Italien veröffentlicht habe, nicht bedeute, dass in Italien „alles in Ordnung sei“.(9) Dieser Schluss, den einige Verwaltungsgerichte zögen, sei unzulässig.(10) In Bezug auf die Entwicklungen im Jahr 2011 sei als Fazit vorwegzuschicken, dass die negativen Tendenzen die kleinen erzielten Fortschritte überwiegen würden. Dies betreffe insbesondere die Aufnahmebedingungen, die Integration, den Umgang mit besonders schutzbedürftigen Personengruppen und den Zugang zum Territorium:
a) Das ohnehin nicht ausreichende Aufnahmesystem, das auf zahlenmäßige Schwankungen erst recht nicht vorbereitet sei, sei nun noch mehr gefordert. 2011 seien aufgrund der Krise in Nordafrika 62.000 Personen irregulär auf dem Seeweg eingereist, etwa 50.000 davon über die nahe an Libyen gelegene Insel Lampedusa.(11) Nach Erklärung des Notstands seien Hals über Kopf viele improvisierte Aufnahmeeinrichtungen geschaffen worden, auch in Hotels, Pensionen und Agriturismo-Höfen, allerdings mit nur 22.000 Plätzen. Dort seien zudem zwar Minimalstandards in Bezug auf die Existenzsicherung erfüllt, nicht hingegen in Bezug auf andere Aufnahmestandards, wie zum Beispiel die rechtliche oder psychosoziale Betreuung. Ein Grund zu großer Besorgnis bestehe im übrigen deshalb, weil die provisorischen Einrichtungen nur bis zum Jahresende finanziert würden; was danach komme, wüsste niemand.
b) Ein massives Problem sei auch die Integration und Versorgung von anerkannten Schutzberechtigten; dies habe bereits z.B. ein Bericht von PRO ASYL thematisiert.(12) Mangels Sozialhilfe fielen diese nach der Anerkennung in ein „totales Vakuum“. Die 3.000 Plätze im staatlich finanzierten Aufnahmeprogramm SPRAR(13), idR auf sechs Monate begrenzt, reichten nicht annähernd aus. Die allermeisten Betroffenen seien daher von der Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt und Sprachkursangeboten gänzlich ausgeschlossen. Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung sei es sehr schwer, selbst im informellen Sektor Arbeit zu finden. Die Betroffenen versuchten daher, sich in der Peripherie der großen Städte durchzuschlagen, wo inzwischen zahlreiche leerstehende Häuser besetzt seien. Eine Interviewstudie in italienischen Slums habe ergeben, dass die große Mehrzahl der Befragten anerkannte Schutzberechtigte waren. Angesichts der Sparpolitik seien die Perspektiven, dass sich an der Situation etwas ändern könnte, alles andere als positiv.
c) Auch die Situation vulnerabler Gruppen sei mangelhaft. Für unbegleitete Minderjährige dauere die Benennung eines Vormundes Monate. Minderjährige, aber auch Folteropfer und Traumatisierte erhielten oft keinen ausreichenden Schutz. Zwar gebe es für sie einige wenige Projekte, erforderlich seien aber strukturellen Veränderungen im Umgang mit diesen Gruppen. Es entstehe außerdem der Eindruck, dass die wenigen existierenden Projekte sowohl in der italienischen als auch der deutschen Debatte gleichsam als „Feigenblatt“ benutzt würden, um die strukturellen Defizite auszublenden.
d) Im Hinblick auf den Zugang zum Territorium bewertete Humburg das Hirsi-Urteil des EGMR(14) als richtungsweisend, da der Gerichtshof darin sowohl die Pflicht zur Beachtung der Konsequenzen des eigenen Handelns als auch die Informationsrechte Asylsuchender gestärkt habe. Die deutlichen Bedenken, die UNHCR gerade in Bezug auf die italienische Praxis geäußert habe, bestünden aber weiterhin. Es bestehe insofern sehr viel Raum für Verbesserungen. Jüngste Berichte gingen z.B. dahin, dass an der adriatischen Küste unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Griechenland zurückgeschoben würden.(15) Immer wieder höre UNHCR außerdem von der Grenzpolizei, dass unmittelbar Zurückgeschobene „keinen Asylantrag gestellt haben“. Diese polizeilichen Aussagen seien kaum überprüfbar. Die Rechte potentieller Asylantragsteller müssten daher mehr in den Blick genommen werden.

3. Die Situation in Ungarn
Dr. Boldiszár Nagy (Eötvös Loránd Universität und Central European University, Budapest) stellte im Detail das ungarische System dar, das traditionell gegenüber Flüchtlingen sehr großzügig gewesen sei.(16) In einer Vorprüfung werde zunächst entschieden, ob es sich um eine Einreise aus einem sicheren Drittstaat, einen Folgeantrag oder einen Dublin-Fall handle. Dabei würden Schutzsuchende aus Somalia und Afghanistan ohne ausreichende Prüfung nach Serbien und (entgegen Regierungsangaben) in die Ukraine zurückgeschoben, obwohl diese Länder nicht als sicher gelten könnten. Bei Dublin-Rücküberstellungen unterscheide sich die Behandlung je nachdem ob es bereits einen Antrag in Ungarn gegeben habe („taking back“) oder nicht („taking charge“). Im Fall des „taking back“ sei der neue Antrag unzulässig, und es drohten Haft und ein Schnellverfahren ohne substanzielle Prüfung und ohne Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung. Die Regierung vertrete jedoch die Position, die Unzulässigkeit von Folgeanträgen sei kein Rechtsproblem, da die Schutzsuchenden ja den Abschiebebescheid angreifen könnten.
Allen, die undokumentiert einreisten und nicht gleich an der Grenze einen Schutzantrag stellten, aber auch „Taking back“-Fällen drohe Haft, und so seien im Verfahren etwa 2/3 der Personen inhaftiert – bis zu 12 Monate unter strafhaftähnlichen Bedingungen. „Is Hungary Greece?“ hatte Nagy eingangs gefragt, verneinte dies aber im Ergebnis für Erstanträge. Hauptproblem seien die willkürliche und exzessive Haft und die De-facto-Refoulementgefahr in „Taking back“-Dublinfällen. Das Dublin-System bewirke unter solchen Umständen, dass Menschen untertauchten und keinen ausreichenden Schutz bekämen.


II. Das Urteil des EuGH zur grundrechtskonformen Auslegung der Dublin II-VO
RiVG Dr. Bertold Huber (Frankfurt/M.) stellte die Grundsatzentscheidung des EuGH zu Dublin-Überstellungen nach Griechenland, N.S. und ME, vor.(17) Diese Vorlagesache betraf die Rücküberstellung von afghanischen, iranischen und algerischen Asylsuchenden nach Griechenland aus Großbritannien und Irland. Der Gerichtshof entschied, dass bei der Entscheidung über die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 II der Dublin II-VO Unionsrecht durchgeführt werde, weswegen nach Art. 6 EUV und Art. 51 ChGR die Menschenrechte und insbesondere die EU-Grundrechtecharta zu beachten seien. Huber betonte, damit seien diese Standards auch bei der Auslegung des deutschen Rechts zu beachten, insbesondere was den Ausschluss des Eilverfahrens nach § 34a AsylVfG und die Widerlegbarkeit der Sicherheitsvermutung in Art. 16a II GG angehe. Der EuGH habe zwar die Vermutung bestätigt, dass der nach Art. 3 I der VO zuständige Mitgliedstaat die Unionsgrundrechte beachte; einer unwiderlegbaren Vermutung stehe das Unionsrecht jedoch entgegen. Hiermit, so Huber, sei das deutsche Recht nicht vereinbar.
Es verbiete sich die Überstellung in den zuständigen Staat, wenn auf Grund bekannter systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen zu befürchten sei – nicht: feststehe –, dass eine schutzsuchende Person dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 ChGR ausgesetzt würde. Hierbei habe der EuGH betont, dass nicht schon „der geringste Verstoß“ genüge. Da der offensichtliche Fall Griechenland wegen des Überstellungsstopps derzeit kein Asylthema sei, betreffe diese Diskussion derzeit vor allem Überstellungen nach Italien, Malta und Ungarn. Für die Feststellung systemischer Mängel habe der EuGH Kriterien aufgestellt; so seien regelmäßige und übereinstimmende Berichte und Stellungnahmen von NGOs, UNHCR und der Kommission ausreichend für ein Kennenmüssen der Situation, wie es auch der EGMR in der Dublin-Sache M.S.S.(18) vorgesehen habe.
Der EuGH schreibe für solche Fälle vor, der Überstellungsstaat müsse gegebenenfalls alternative Dublin-Zuständigkeiten prüfen; dabei sei ein überlanges Verfahren erforderlichenfalls durch Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 II der VO zu vermeiden. Huber leitete hieraus auch ein subjektives Recht ab; dies würden bald weitere anhängige Vorlagen klären.(19) Zwar hätten Hailbronner/Thym „triumphierend“ vom „Schweigen des EuGH zum einstweiligen Rechtsschutz“ im Rahmen seiner Bemerkungen zu Art. 47 ChGR gesprochen,(20) doch müsse dieser insbesondere im Lichte der ständigen Rechtsprechung des EGMR von einem wirksamen Rechtsschutz umfasst sein.(21) Zudem strich Huber die Bedeutung des Beschleunigungsgrundsatzes heraus; das Dublin-Verfahren könne nicht dazu dienen, dass wegen langwieriger Zuständigkeitsklärung jahrelang die Asylgründe nicht geprüft würden. Hierzu seien bereits erste Untätigkeitsklagen auch bei seiner Kammer anhängig; hier sei möglicherweise auch an Vorlageverfahren zu denken.(22)


III. Erfüllt das Dublin-Verfahren seinen Zweck?
Das Dublin-System, so Maria-Teresa Gil-Bazo (Newcastle University), diene zur Steuerung von Migrationsströmen und zur Übertragung der Verantwortung an einen einzigen Mitgliedstaat. Hierfür seien drei Prämissen zentral: das Konzept sicherer Drittstaaten, Refoulementschutz als Inhalt der Sicherheit, und dass Mitgliedstaaten gegenüber Flüchtlingen, die ihr eigenes Staatsgebiet noch nicht erreicht haben, weniger Verantwortung hätten. Was die Zuständigkeitskriterien betreffe, so sei zunächst festzuhalten, dass nach der EXCOM Conclusion No. 15(23) die Verweigerung von Asyl nur dann zulässig sei, wenn der oder die Schutzsuchende eine enge Beziehung oder enge Bindung zu einem anderen Staat habe. Die Kriterien der Dublin II-VO sind, in dieser Reihenfolge: die Anwesenheit von Familienmitgliedern (Art. 7 und 8), ein gültiger Aufenthaltstitel (Art. 9), die nicht-legale Einreise (Art. 10) und das Absehen von einem Visaerfordernis (Art. 11).
Im Jahr 2009 seien von den 6.242 erfolgreichen Rücküberstellungsersuchen aus Deutschland nur 2.932 umgesetzt. Möglicherweise ergebe sich diese Differenz aus strukturellen Anreizen zur Vermeidung der Umsetzung oder aus einem Untertauchen der Betroffenen. Zu den Kosten einer Überstellung gebe es wenig Daten, obwohl das britische Home Office eine Überstellung für günstiger halte als die Durchführung eines Asylverfahrens. Die Kommission vermute schwerer wiegende politische Vorbehalte.
Für die Zukunft müssten Art. 18 ChGR und Art. 3 I Dublin II-VO kohärent ausgelegt werden, dies verlange Art. 3 I 1 der VO, ohne dass Art. 3 I 2 entgegenstehe. Bisher gewährleiste Dublin nur die gegenseitige Anerkennung von Ablehnungs-, nicht von Anerkennungsentscheidungen. Ein wirklich europäisches System müsse dies gewährleisten, sowie Freizügigkeit für anerkannte Schutzberechtigte. Zudem müsse die EU als ganze verantwortlich und haftbar für den Flüchtlingsschutz werden, insbesondere durch den Beitritt zur EMRK.


IV. Arbeitsforen

1. Situation in Ungarn und Konsequenzen für das Dublin-Verfahren
Die Situation in Ungarn und ihre Konsequenzen für das Dublin-Verfahren wurde im ersten Arbeitsforum vertieft. RA Dominik Bender (Frankfurt/M.) formulierte als Ausgangspunkt, dass angesichts der N.S.- und der M.S.S.-Entscheidung und auch nach der in der Literatur inzwischen hM(24) Sicherheitsvermutungen hinsichtlich einzelner Staaten widerlegbar sein müssen, dass es insofern auf stichhaltige Berichte verschiedenster Akteure (Betroffene, NGOs, Bundesamt) ankomme und dass hinsichtlich Maltas, Ungarns und Italiens inzwischen substanzieller Anlass bestehe, an der weiteren Berechtigung der Sicherheitsvermutung zu zweifeln. Unter Berufung auf einen Bescheid aus dem September 2010 erinnerte er daran, dass das Bundesamt noch bis kurz vor Einführung der umfassenden Selbsteintrittspraxis für Griechenland im Januar 2011 dort allenfalls vereinzelte Probleme und Härten im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen zugestanden habe. Angesichts der Debatte um die Einschätzung der Zustände in Ungarn, die auch das Forum dominierte, befürchtete er eine Wiederholung dieser Dynamik: Dass nämlich das Bundesamt die Lage solange es nur irgend geht als weitgehend unbedenklich darstelle.
Henrike Janatzek (UNHCR Nürnberg) stellte den Ungarn-Bericht(25) des UNHCR ausführlich vor. Gerade hinsichtlich der Haftbedingungen betonte sie, dass der EGMR in der Sache M.S.S. Griechenland und Belgien auch unter dem Gesichtspunkt der griechischen Haftbedingungen verurteilt habe.(26) Dieser rechtliche Aspekt habe angesichts der weitverbreiteten Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern in Ungarn auch für die Diskussion in Bezug auf dieses Land große Bedeutung.
Boliszár Nagy (Budapest) vertiefte seine Präsentation vom Morgen. Er monierte, dass die Verwaltung in Ungarn sich nicht an die Vorgaben der Gerichte halte, teilte aber mit, dass der Einsatz von Beruhigungsmitteln in Haftanstalten zurückgehe. Er veranschaulichte anhand von Beispielfällen, für wie bedenklich und oberflächlich er Altersfeststellungen zur Feststellung der Minderjährigkeit halte, die in Ungarn durchgeführt werden. Zudem hob er hervor, dass – wenn überhaupt Integrationsangebote gemacht würden – dies auf Initiativen von NGOs und nicht des ungarischen Staates zurückgehe. Dieser ziehe sich spätestens nach 6 bis 12 Monaten im jeweiligen Einzelfall völlig aus diesem Bereich zurück. Er unterstrich auch noch einmal die Gefahren, die in Ungarn für Schutzsuchende von der dort herrschenden Fremdenfeindlichkeit ausgehen.
Iris Escherle (BAMF, Nürnberg) sicherte zu, dass das Bundesamt mit Hilfe eines Liaison-Beamten vor Ort die Lage in Ungarn sehr genau beobachte. Die Einschätzungen von UNHCR teile das Bundesamt weitgehend nicht, systemische Mängel lägen nicht vor. Was z.B. Fragen der Haftvoraussetzungen und -bedingungen angehe, sei es nicht angezeigt, sich zu sehr in die nationalstaatlichen Eigenheiten und Autonomien einzumischen; sie selbst habe sich Hafteinrichtungen vor Ort angeschaut und halte sie nicht für problematisch. Weiterhin sei z.B. das Problem der Obdachlosigkeit von Schutzberechtigten keines, das im Dublin-Verfahren rechtliche Relevanz habe. Ein genereller Abschiebestopp komme nicht in Frage. Jeder Einzelfall werde aber geprüft, wobei Kriterien, wann von einer Abschiebung nach Ungarn ausnahmsweise ausgesetzt würde, nicht in verallgemeinerungsfähiger Form mitgeteilt werden könnten.

2. Resettlement: Überlegungen zur Umsetzung des deutschen Resettlementprogramms
Im Arbeitsforum Resettlement diskutierten Andrea Kothen (PRO ASYL, Frankfurt/M.), Inge Heck-Böckler (Amnesty International, Berlin), Norbert Scharbach (Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Integration Schleswig-Holstein, Kiel) und Paul Middelbeck (Ministerium für Inneres und Sport Niedersachsen, Hannover) über die Entscheidung der Innenministerkonferenz (IMK) vom Dezember 2011 zur Einrichtung eines regulären Resettlement-Programms in Deutschland.(27) Im Mittelpunkt stand die Frage, welche Schritte ausgehend von den Erfahrungen der letzten beiden Jahre zur Umsetzung eines effektiven Resettlement-Programms in Deutschland erforderlich sind.
Die ReferentInnen zeichneten zunächst ein übereinstimmend positives Bild von der Aufnahme der 2.501 irakischen Flüchtlinge aus Syrien und Jordanien in den Jahren 2009 und 2010. Mit Blick auf die Umsetzung des nun beschlossenen regulären Programms zur Aufnahme von 300 Personen pro Jahr wurde von Seiten der beiden NGOs zunächst der Wunsch nach einer deutlichen Ausweitung des Programms zum Ausdruck gebracht. Deutschland habe deutlich höhere Kapazitäten zur Aufnahme von Flüchtlingen als durch die nun festgesetzte Zahl suggeriert werde. Middelbeck gab zu bedenken, dass vor einer erneuten Diskussion über den Umfang zunächst einmal sicherzustellen sei, dass das gegenwärtige Programm überhaupt reibungslos funktioniere. Heck-Böckler verwies auf bisher nicht vollständig ausgeschöpfte Potentiale zur Einbindung der Zivilgesellschaft. Hier könnten durch mehr Unterstützung und Bereitschaft zur Zusammenarbeit seitens der Behörden Synergie-Effekte entstehen, die entscheidend zum Erfolg des Programms und zur breiten Akzeptanz beitragen können.
Hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung des künftigen Resettlement-Programms waren alle ReferentInnen einig darüber, dass der gegenwärtige Rahmen – Aufnahme nach § 23 II AufenthG und Verteilung analog § 45 AsylVfG (sog. Königsteiner Schlüssel) – verschiedene Probleme aufwirft, etwa beim Familiennachzug, beim Zugang zu Dokumenten oder bei der Aufenthaltsverfestigung und der späteren Einbürgerung. Während die Regierungsvertreter einer neu zu schaffenden expliziten gesetzlichen Grundlage für Resettlement zumindest gegenwärtig skeptisch gegenüberstanden und für Lösungen auf administrativer Ebene plädierten, bekräftigten Kothen und Heck-Böckler die Forderung, die aufgenommenen Flüchtlinge in Deutschland im regulären Asylverfahren anerkannten Flüchtlingen rechtlich gleichzustellen und hierfür erforderlichenfalls auch gesetzliche Änderungen anzustreben.
Bezüglich der Verteilung der aufgenommenen Flüchtlinge wurden verschiedene Alternativen zum gegenwärtig praktizierten Quotierungsverfahren diskutiert. Heck-Böckler und Kothen sahen in der – auch vom BMI angedachten – Verteilung und Aufnahme von Flüchtlingen auf Grundlage von Freiwilligkeit einen Ansatzpunkt für eine stärkere Einbindung der Zivilgesellschaft. Dies könne auch die Voraussetzungen für eine schnelle Integration der aufgenommenen Flüchtlinge verbessern. Scharbach und Middelbeck stimmten dem zu, befürchteten aber, dass eine freiwillige Aufnahme auf Länderebene haushaltspolitisch nur schwer umsetzbar sei.
Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung des derzeitigen Programms bis Ende 2014 sahen alle ReferentInnen als gegeben. Damit sei auch eine Fortführung und – abhängig u.a. von der Zahl spontan einreisender Asylsuchender – eine Ausweitung möglich.

3. Dublin-Verfahren in Deutschland – aktuelle Problemlagen
Anknüpfend an den Vortrag von Vors. RiVG Dr. Berthold Huber (Frankfurt/M.) vertiefte das dritte Arbeitsforum die Auseinandersetzung mit dem EuGH-Urteil vom Dezember 2011 zur Dublin-Überstellung von Asylsuchenden.(28)
Huber, Renate Leistner-Rocca (BAMF, Nürnberg) und Marei Pelzer (PRO ASYL, Frankfurt/M.) diskutierten, inwieweit das deutsche Konzept der „sicheren Drittstaatenregelung“ gemäß Art. 16a GG noch mit dem Unionsrecht im Einklang steht. Die Einschätzungen hierzu gingen weit auseinander. Der EuGH hatte in seinem Urteil festgestellt, dass eine unwiderlegliche Sicherheitsvermutung mit den europäischen Grundrechten nicht vereinbar ist. Damit dürfen die Mitgliedstaaten Asylsuchende nicht in einen anderen EU-Staat abschieben, ohne eine Prüfung der dortigen Sicherheit für Asylsuchende zu ermöglichen.
Wann eine Überstellung von Asylsuchenden in andere Mitgliedstaaten aus menschenrechtlichen Gründen unzulässig ist, war ebenfalls Gegenstand der Diskussion. Die vom EuGH eingeführte Formel der „systemischen Mängel“, die in einem Ziel-Mitgliedstaat bezüglich der Aufnahmebedingung und des Asylverfahrens vorliegen müssen, bevor für den überstellenden Mitgliedstaat eine Pflicht zum Selbsteintritt nach Art. 3 II Dublin II-VO entsteht, führt nun in der Praxis zu vielfachen Diskussionen. Denn nicht nur in Griechenland sind die Verhältnisse für Asylsuchende problematisch, auch Überstellungen nach Italien, Malta oder Ungarn werden zunehmend als unzumutbar diskutiert. Wie die Vorträge vom Morgen zeigten, fehlen auch in diesen Ländern Aufnahmestrukturen für Schutzsuchende, so dass die Betroffenen der Obdachlosigkeit ausgesetzt sind, in Ungarn kommen willkürliche Inhaftierungen hinzu. Doch auch diese praktischen Fragen wurden auf dem Panel unterschiedlich beurteilt. So entbrannte insbesondere in der Frage, ob in Italien hinreichende Aufnahmebedingungen vorherrschen, eine Kontroverse unter den DiskutantInnen. Während Leistner-Rocca die italienischen Verhältnisse für unproblematisch hielt, berief sich Pelzer auf Berichte über gravierende Missstände. Huber stellte eine Hauptsacheentscheidung zu einer für rechtswidrig erklärten Überstellung nach Italien vor, wenngleich er betonte, dass in diesem Fall besonders schwerwiegende humanitäre Aspekte vorlagen.
Unter engagierter Beteiligung des Publikums und wurden überdies Fragen des Eilrechtsschutzes, der Zustellung von Dublin-Überstellungsbescheiden oder der Inhaftierung von Asylsuchenden während des Dublin-Verfahrens diskutiert.

4. Zugang nach Europa – Zusammenarbeit mit nordafrikanischen Staaten
In Forum 4 stellte zunächst Franziska Vilmar, Fachreferentin für Asylpolitik und Asylrecht von Amnesty International (Berlin), das Hirsi-Urteil des EGMR(29) vor. In dem für den internationalen Flüchtlingsschutz wegweisenden Verfahren hatte auch Amnesty Stellung genommen. Der EGMR habe in seinem Urteil insbesondere die Verfahrensrechte Schutzsuchender gestärkt, indem er die Zurückweisung auf Hoher See als Kollektivausweisung entgegen Art. 4 Prot. 4 EMRK wertete. Daraus ergebe sich auch bei Hoheitsausübung über Schutzsuchende auf Hoher See ein individuelles Prüfungsrecht, das, verbunden mit den Informations- und Beratungsrechten,(30) ein implizites Recht auf Zugang zum Territorium des Konventionsstaats bedeute.(31)

Zur Zusammenarbeit mit nordafrikanischen Staaten berichtete Vilmar von dem neuen libysch-italienischen Abkommen zur Einwanderungskontrolle vom April 2012. Sie wies insbesondere auf die aktuelle Situation von Flüchtlingen in Libyen hin(32) und stellte die Amnesty-Kampagne „S.O.S. Europa“ vor, mit der die italienische Regierung aufgefordert wird, das memorandum of understanding mit Libyen auszusetzen.(33)
Richard Ares Baumgartner, Senior External Relations Officer bei FRONTEX (Warschau), stellte zunächst die Rolle der EU-Agentur bei der Verbesserung der Kooperation der Mitgliedstaaten dar und ging auf die bestehenden Einsätze ein, die u.a. nicht-legale Grenzübertritte in die EU im Vorfeld verhindern sollten. Dabei habe im letzten Jahr die Bedeutung des Landwegs gegenüber dem Seeweg zugenommen. Das geplante neue Überwachungs- und Informationsaustausch-System EUROSUR sei nur ein weiteres Werkzeug in diesem Kontext, kein Zweck an sich. Grenzkontrollen seien kein Allheilmittel. Gegenüber der aus der Schengen-Geschichte stammenden Sicherheitsperspektive stamme obliege es nun FRONTEX, den Menschenrechts- und Flüchtlingsschutz im Rahmen der Grenzkontrolle durch operationelle oder praktische Zusammenarbeit zu fördern.
Hinsichtlich des Hirsi-Urteils verwies Ares Baumgartner zum einen auf die bereits 2010 verabschiedeten bindenden Richtlinien für FRONTEX-Einsätze.(34) Zum anderen sei die Bedeutung der Grundrechte bei Grenzschutzoperationen auch ein Anliegen des deutschen Vorsitzenden des Verwaltungsrates der Agentur. Deren neue Menschenrechtsstrategie,(35) gemeinsam mit IOM, UNHCR und der Grundrechteagentur entwickelt,(36) umfasse u.a. gemeinsame Standards für die Ausbildung von Grenzbeamten, damit diese Schutzbedürftige und Opfer von Menschenhandel erkennen und an nationale Behörden übergeben können. Im Beratungsforum für Menschenrechte(37) könnten NGOs die Agentur zudem in praktischen Fragen unterstützen. Mangels EU-Kompetenz im Seerecht könne es zu Search-and-Rescue-Operationen(38) nur soft law geben.(39) Jedoch würden Schiffbrüchige in jetzigen FRONTEX-Einsätzen ausschließlich in EU-Mitgliedstaaten abgesetzt.(40) 2011 seien insgesamt 22.000 Menschen auf Hoher See gerettet worden.
Kooperationen mit Drittstaaten, so Ares Baumgartner, hätten lange vor FRONTEX bestanden, etwa zwischen Spanien und Mauretanien und Senegal, wenngleich Mitgliedstaaten bei der Durchführung nun auf FRONTEX zurückgreifen könnten. Im übrigen oblägen die Außenbeziehungen der EU der Union selbst, nicht der Agentur. In den Drittstaaten könne sie Mittel für technische Unterstützung bereitstellen sowie seit 2011 auch Verbindungsbeamte abstellen.(41) Inzwischen gebe es 17 Arbeitsvereinbarungen mit Drittstaaten, zuletzt mit der Türkei, mit der nun ein memorandum of understanding bestehe. Ein Rücknahmeabkommen werde noch zwischen EU und Türkei verhandelt. Anders als den osteuropäischen Staaten könne die EU den nordafrikanischen Staaten jedoch keine Beitrittsperspektive bieten, und so gebe es nicht nur mit Libyen sondern auch mit Ägypten, Tunesien, Marokko und Algerien keine Arbeitsvereinbarungen. Insgesamt solle die Kommission die Beziehungen mit Drittstaaten regelmäßig überprüfen.
Karl Kopp (PRO ASYL) ging auf den starken Anstieg der Flüchtlingszahlen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling und dem Libyenkrieg ein, die er im Verhältnis zur Bedeutung der Ereignisse als „peanuts“ bezeichnete. Europa habe damals aber nur eigene Staatsbürger evakuiert und gegenüber den im Kriegsgebiet festsitzenden Flüchtlingen „dicht gemacht“. Der Tod von 1.500-2.000 Bootsflüchtlingen im vergangenen Jahr trotz Totalüberwachung des Mittelmeers sei eine moralische Bankrotterklärung Europas. EU-Kommissarin Malmström habe der EU zu Recht vorgeworfen, den Arabischen Frühling nicht begleitet zu haben. Während die Seerettung immer „in der DNA“ der Seeleute gewesen sei, sorgten sich diese zunehmend um Strafverfahren wegen vermeintlicher Einschleusung und darüber, Schiffbrüchige wegen der Verweigerung der Landeerlaubnis nicht mehr loszuwerden, so im Fall von 36 Personen vor Malta. In Libyen habe sich die Lage verschlimmert, vor allem dunkelhäutige Menschen seien in Gefahr. Dennoch sei nun durchgesickert, dass es auch für Libyen ein memorandum of understanding mit der EU gebe.
Katharina Braig (Auswärtiges Amt) gab zu bedenken, dass die Sorgen besonders geforderter Mitgliedstaaten über hohe Zahlen zu beachten seien. Dies dürfe jedoch natürlich nicht auf dem Rücken der Schutzsuchenden ausgetragen werden. Stattdessen stelle sich u.a. auch die Frage nach Solidarität in Europa. Es gäbe bereits Instrumente in diesem Bereich, die so genannte Massenzustroms-RL(42) sei 2011 jedoch nicht eingesetzt worden. Sie begrüßte das Pilotprojekt der EU zur relocation (der EU-internen Verteilung) Schutzbedürftiger aus Malta; an dem sich Deutschland auch beteiligt habe. Die Kommission evaluiere dieses Projekt derzeit. Die zyprische EU-Präsidentschaft werde das Thema Solidarität sicher aufgreifen. Die Angleichung der Asylstandards in den Mitgliedstaaten sei noch ein langer Weg, aber es sei der richtige Ansatz. Auch hier gelte es in den Mitgliedstaaten zu werben – immerhin hätten auch diese ein Interesse an einem Funktionieren des gemeinsamen Asylsystems.
Den Grenzschutz bezeichnete sie als einen von vielen Puzzlesteinen der Migrationspolitik der EU. Dabei liefen innen- und außenpolitische Interessen nicht immer parallel, und auch zwischen den Mitgliedstaaten gebe es teilweise unterschiedliche Betrachtungsweisen. Einige EU-Grenzstaaten hätten hier immer größere Solidarität eingefordert, und so sei auch FRONTEX Ausdruck des europäischen Geistes. EUROSUR solle in diesem Zusammenhang u.a. den Informationsaustausch verbessern. Eine bessere Überwachung des Mittelmeers könne auch bessere Voraussetzungen für die Seerettung schaffen. Die deutsche Position in diesem Fragenkomplex sei stets, die Wahrung des Flüchtlingsschutzes zu stärken und auch in entsprechenden EU-Dokumente aufzunehmen; Migrationsmanagement dürfe nicht nur in eine Richtung betrieben werden.
Gerade auch im Dialog mit Drittstaaten könne der komplexe Themenkreis von Migration umfassend angegangen werden, z.B. die Stärkung des Flüchtlingsschutzes einschließlich des Mandats des UNHCR in Libyen. Auch in Tunesien sei Migration nur eines von vielen drängenden Themen. Den Begriff „Pullback“ – das Abhalten von MigrantInnen an der Ausreise aus Transitstaaten durch diese Staaten – wies Braig zurück. Ziel könne nicht die Verhinderung der Schutzsuche sein, sondern nur die Verbesserung der Bedingungen in den Herkunftsländern in der Weise, dass Menschen nicht mehr fliehen müssten. Dabei müsse neben dem Flüchtlingsschutz auch die Mobilität verbessert werden; es müsse für die nordafrikanischen Staaten eine „Revolutionsdividende“ geben. Deutschland wolle sich daher an einer Mobilitätspartnerschaft der EU mit Tunesien beteiligen. Diese sei auch eingebunden in die neuausgerichtete Nachbarschaftspolitik Europas.

5. Möglichkeiten und Grenzen der Verfahren vor dem EuGH und bisher gesetzte Standards
In Forum 5 zeigte zunächst Nikolaus Graf Vitzthum aus dem Prozessreferat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (Berlin) die Möglichkeiten und Grenzen der Verfahren vor dem EuGH auf. Die Bundesregierung könne zu jedem Vorabentscheidungsersuchen eine Stellungnahme abgeben, nehme dies jedoch nur bei Ersuchen mit Deutschlandbezug oder bei deutschem Interesse wahr. Eine Stellungnahme scheitere aber auch häufig daran, dass sich die beteiligten Ministerien nicht auf eine Stellungnahme einigen könnten. Die Entscheidungen des EuGH seien oftmals schwer verständlich, da es – verursacht durch schwierige Mehrheitsfindung innerhalb des Gerichtshofs – häufig zu Kürzungen bei den Begründungen in der Entscheidung komme. Dementsprechend seien die Ausführungen des Generalanwalts für das Verständnis einzelner Entscheidungen von großer Bedeutung.
Die (wenigen) Entscheidungen des EuGH zum Asylverfahren wurden durch den Vorsitzenden Richter des BVerwG Prof. Dr. Uwe Berlit (Leipzig), RA Dr. Reinhard Marx (Frankfurt/M.) und Frank Mengel (BMI, Berlin) eingeführt und diskutiert. Berlit betonte, die stets fragmentarische EuGH-Rechtsprechung lasse bisher noch keine klare Tendenz erkennen, jedenfalls keine grundsätzlich flüchtlingsfreundlichere als die der nationalen Gerichte. So habe der EuGH im Fall B. und D.(43) die Ausschlussgründe von der Flüchtlingseigenschaft nach Art. 12 II QRL und Art. 1 F GFK weiter interpretiert als UNHCR; so sei bei Verstößen gegen die Ziele der Vereinten Nationen keine besondere Machtposition erforderlich. Allerdings erfordere das Merkmal „Terrorismus“ eine individuelle Zurechnung von Organisationshandlungen. Hinsichtlich der Umsetzung dieser Rechtsprechung durch das BVerwG zur PKK und zur ruandischen FDLR fragte er, ob ein Gleichauf von Unionsrecht und nationalem Recht hier zwingend sei.
Marx ging auf die Rechtsprechung zur religiösen Verfolgung ein. Beim EuGH sei die Vorlagefrage, ob öffentliche Religionsausübung nicht geschützt sei.(44) Die Schlussanträge ließen jedoch erkennen, dass der EuGH diese deutsche Kernbereichsdogmatik nicht für Art. 10 QRL übernehmen wolle. Problematisch gegenüber Art. 9 QRL sei darin die Definition von Verfolgung als „tatsächlich[e] Gefahr […], exekutiert, gefoltert oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein, versklavt oder in Leibeigenschaft gehalten zu werden, willkürlich verfolgt oder inhaftiert zu werden.“(45)
Mengel erläuterte die Auslegung des Elgafaji-Urteils(46) durch das BMI anhand der nachfolgenden Urteile des BVerwG und hob die zentrale Funktion einer quantitativen Bewertung der Gefährdungssituation hervor. Berlit betonte dagegen die Notwendigkeit einer auch qualitativen Bewertung, die das BVerwG in seinen Entscheidungen durchaus gefordert habe.
Hinsichtlich des EuGH-Urteils N.S. und M.E. u.a.(47) sehe sich die Bundesregierung nicht zu einer Gesetzesänderung des § 34a II AsylVfG veranlasst. Der EuGH habe sich zu Fragen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht geäußert, und die Dublin II-VO überlasse dies dem nationalen Recht. Dem wurde entgegengehalten, dass der EuGH die Anwendung der Dublin II-VO ausdrücklich als Durchführung von Unionsrecht qualifiziert und der ChGR unterstellt habe. Daher seien alle Dublin-Rechtsakte u.a. an Art. 47 ChGR zu messen, der auch Zugang zu effektivem Rechtsschutz umfasse.

6. Stand der Verhandlungen zur Asylverfahrens- und Aufnahmerichtlinie
Das Forum 6 beschäftigte sich mit den aktuellen Verhandlungen zu den Neufassungen der EU-Asylverfahrens- und der Aufnahmerichtlinie. Kerstin Becker (DRK) gab einleitend einen kurzen Überblick über den aktuellen Stand des GEAS. Die Vorschläge der Kommission nur Neufassung der beiden Richtlinien aus dem Jahr 2009,(48) die von der Zivilgesellschaft als Verbesserung begrüßt worden waren, waren von Seiten der Mitgliedstaaten als nicht konsensfähig angesehen worden. Stattdessen wurde die Kommission mit dem Entwurf neuer Vorschläge beauftragt, die aktuell in Brüssel verhandelt werden.(49) Diese neuen Entwürfe blieben jedoch nach Beckers Einschätzung weit hinter den ursprünglichen Entwürfen der Kommission zurück und könnten im Fall ihrer Umsetzung unter Umständen gar zu einer Verschlechterung der Situation von Schutzsuchenden in Europa führen. Obwohl eine Einigung zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission schwierig sei, werde weiterhin an dem Ziel festgehalten, die zweite Harmonisierungsphase des GEAS bis Ende 2012 abzuschließen.
Stefan Keßler, Referent beim Jesuiten-Flüchtlingsdienst Europa (Brüssel), berichtete von den „Trialog“-Verhandlungen(50) um die Aufnahme-RL, die aus seiner Sicht wenig transparent verliefen. Ein großer Streitpunkt zwischen Rat und Parlament betreffe die Frage der Haft, die auch seitens der Zivilgesellschaft als besonders kritisch eingeschätzt werde. Es bestehe zwar Übereinstimmung, dass diese (wie bereits nach der RückfRL) nur dann angeordnet werden dürfe, wenn weniger einschneidende Maßnahmen keinen Erfolg versprächen. Das Europäische Parlament (EP) wolle jedoch die besprochenen Alternativen – Melde- oder Wohnsitzauflage, Kaution – auch benannt sehen. Insbesondere die Haftgründe uferten derart aus, dass beim aktuellen Stand offen sei, welche Schutzsuchenden eigentlich nicht inhaftiert werden dürften. Zwar solle die Haft nur so lange wie nötig dauern; der Rat lehne jedoch die vom EP geforderte Begrenzung der Haftdauer ab. Begrüßenswert sei allerdings, dass man sich auf eine Regelung geeinigt habe, die eine kleine Erleichterung beim Zugang von Asylsuchenden zum Arbeitsmarkt bewirke.
Friederike Foltz (UNHCR Berlin) betonte hinsichtlich der Verhandlungen zur Aufnahme-RL zunächst, dass Haft aus Sicht des UNHCR immer nur ultima ratio sein könne. Mit Blick auf den Zugang Asylsuchender zum Arbeitsmarkt hob sie hervor, dass UNHCR bereits 2007 den Vorschlag unterstützt habe, dies nach 6 Monaten zu ermöglichen. Auch sei ein Mechanismus zur Identifizierung besonders Schutzbedürftiger wichtig, insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine frühe Identifikation des besonderen Bedarfs für den Verlauf des Asylverfahrens entscheidend sein könne. Hinsichtlich des Familienbegriffs problematisierte sie u.a. die Begrenzung auf Familien, die bereits im Heimatland bestanden haben. Betreffend die Neufassung der AsylVfRL betonte Foltz die Wichtigkeit einer angemessenen Beratung auch schon vor und während des Verfahrens beim Bundesamt. Eine solche Beratung solle beispielsweise eine Vorbereitung der Anhörung sowie die Anwesenheit während der Anhörung umfassen. In den sog. beschleunigten Verfahren sei es insbesondere wichtig, dass eine vollständige, inhaltliche Prüfung der Anträge erfolge. Mit Bezug auf die Ausgestaltung des Folgeantragsverfahrens unterstrich sie, dass die Gefahr des Refoulements bestehe, wenn der Verbleib im Aufnahmestaat für die Dauer des Folgeverfahrens nicht gesichert sei.
Anja Klabundt (Referat für Europäische Harmonisierung des BMI) hob vier wesentliche Aspekte der deutschen Verhandlungsposition hervor: Es dürfe nicht zu Kostensteigerungen kommen, es dürften keine Pull-Faktoren entstehen, bewährte Verfahren sollten weiter Anwendung finden dürfen, und eine Erhöhung der Standards sei unsinnig, wenn es bereits an der bisherigen Umsetzung kranke. Vor diesem Hintergrund lehne die Bundesregierung ein als Verwaltungsverfahren ausgestaltetes Verfahren zur Identifizierung besonders Schutzbedürftiger ab, da dieses den Schwerpunkt des Verfahrens auf medizinische Fragen lenke, die mit dem eigentlichen Asylverfahren nichts zu tun hätten. Hinsichtlich der Haftgründe sei Deutschland in den Verhandlungen zurückhaltend gewesen, da eine Umsetzung ins deutsche Recht nicht geplant sei. Wichtig sei mit Blick auf die AsylVfRL, dass das Flughafenverfahren und das Folgeantragsverfahren weiterhin möglich seien. Der Einführung von Rechts- und Verfahrensberatung für Schutzsuchende stehe das BMI zurückhaltend gegenüber, da dies nicht zu einer Besserstellung der Asylsuchenden gegenüber deutschen Staatsangehörigen führen dürfe.


V. Menschenrechte und Flüchtlingsschutz
Den Dienstagmorgen eröffnete der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, mit Danksagungen für die wichtige Tätigkeit von UNHCR, den Kirchen und den NGOs in der Flüchtlingsarbeit und auch in der Kommunikation mit der Gesellschaft. Wie nötig dies sei, habe er erlebt, als sein Werben für ein Resettlement-Programm für 5.000 Flüchtlinge aus Nordafrika mit Hassbriefen aus der Bevölkerung beantwortet worden sei. Nun sei das Programm auf gutem Wege, es gelte jedoch immer wieder nachzufragen, ob genug getan werde.
Die Bundesregierung unterstütze die dänische EU-Präsidentschaft bei der Harmonisierung der Aufnahmestandards und bei der Reform der Dublin II-VO; hier müsse aber Qualität vor Geschwindigkeit gehen. Dennoch drängten sich Fragen zu Dublin und zur Solidarität in Europa auf. Die VO sei einst aus guten Gründen so gestrickt worden, aber es gebe nun auch gute Gründe sie zu prüfen. Angesichts eines Falls wie Griechenland, den Löning als eine Schande bezeichnete, müsse es auch um eine Fortentwicklung von Dublin gehen. Denn auch weiterhin würden plötzlich Probleme entstehen, so wie man weder mit dem Arabischen Frühling in Nordafrika noch dann mit der Krise in Syrien gerechnet habe. Die Arbeit des EASO sei zwar wichtig, könne aber nicht ausreichen.
In der Zusammenarbeit mit den nordafrikanischen Staaten, z.B. Tunesien, gehe es einerseits um die Flüchtlinge dort, aber auch um den Migrationsdruck von den Tunesiern selbst, denen mit Mobilitätspartnerschaften ein Angebot gemacht werden müsse. Hier müsse Deutschland auch den Studien-, Ausbildungs- und Arbeitsmarkt öffnen. Denn der ökonomische Stabilisierungseffekt von Remittenden und die Bedeutung des Knowhows von Rückkehrern seien bereits aus den Erfahrungen mit Polen oder Indien bekannt. Spenden und Entwicklungshilfe seien zwar politisch einfacher durchzusetzen, aber es sei substanzieller, Menschen hier zu qualifizieren und arbeiten zu lassen. Dies bringe auch Vorteile für das Aufnahmeland, wie Deutschland selbst aus der Erfahrung mit der Aufnahme der Hugenotten wisse, die das Land ökonomisch wie kulturell bereichert hätten. Hier schotte sich Deutschland zu stark ab und vergebe Chancen.
Auf entsprechende Nachfragen aus dem Publikum stellte Löning klar, dass er für Menschenrechtsfragen innerhalb Deutschlands nicht zuständig sei, dies ergebe sich aus seinem damals noch auf die DDR gemünzten Mandat, obwohl dies gerade in Flüchtlingsfällen oft schwer abzugrenzen sei. Zudem werde er in die Beschlüsse der BMK und die Abstimmung zwischen BMI und AA nicht einbezogen und könne dies mit seinem kleinen Stab auch nicht leisten. Er zeigte sich aber bereit, Einzelfällen nachzugehen, in denen beispielsweise ein Nachzug von Kindern nicht möglich sei; hier sei er zwar nicht weisungsbefugt, könne aber bei den Botschaften Überzeugungsarbeit leisten.


VI. Praktische Zusammenarbeit im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem
Senior Legal & Policy Officer Kris Pollet (ECRE) stellte das Europäische Unterstützungsbüro EASO(51) und die praktische Zusammenarbeit im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) vor. Die legislative Harmonisierung im GEAS bedürfe in der Praxis der Umsetzung in den Mitgliedstaaten. Die Interventionen des EuGH hätten bisher nur sehr begrenzte harmonisierende Auswirkungen gehabt.(52) EASO verfolge daher das Ziel, praktische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu unterstützen sowie die Angleichung der Rechtsanwendung im GEAS zu fördern; zudem sei es für die Unterstützung besonders überforderter Mitgliedstaaten zuständig. Dabei habe EASO keine Kompetenz zur Intervention in Einzelfällen, oder gar zur Weisung an die Mitgliedstaaten zur Rechtsanwendung.
Zu den Aufgaben des Büros zähle insbesondere der Aufbau eines gemeinsamen Portals für Informationen über Herkunftsländer, das die Datenbanken der Mitgliedstaaten verbindet und auch Rechtsinformationen und Rechtsprechung enthält. Das Portal soll allerdings nicht öffentlich sein, weswegen sich Fragen nach der Waffengleichheit im Asylverfahren stellten. Der erste Report über Afghanistan solle im Juli 2012 erscheinen.(53) Es sei wichtig, sich hier als Länderexperten zu engagieren, denn in Zukunft könnten solche Berichte großen Einfluss auf die Praxis der Mitgliedstaaten ausüben.
Des weiteren habe das Büro die Aufgabe, Trainings für Behörden und Gerichte durchzuführen, um die Qualität der Entscheidungen und die Angleichung der Methoden zu fördern. Hierfür werde ein Europäisches Asylcurriculum (EAC) entwickelt, das aus E-learning- und Face-to-face-Einheiten bestehe. Die Module, an deren Entwicklung sowohl WissenschaftlerInnen als auch UNHCR beteiligt gewesen seien, stünden jedoch bisher nur in englischer Sprache zur Verfügung. Eine Ausweitung der Trainings auf die Anwaltschaft würde Pollet begrüßen, auch im Sinne der Transparenz.
In den Angleichungsbemühungen sah Pollet auch Risiken: Dabei könnten nicht nur best practices sondern auch bad practices ausgetauscht werden. Zudem sei EASO als unabhängige Agentur angelegt, doch säßen in seinem Verwaltungsrat neben UNHCR und der Kommission auch Vertreter der Mitgliedstaaten, wobei UNHCR kein Stimmrecht habe. Das Beratungsforum, das NGOs zusammenbringe, könne die Stimme der Zivilgesellschaft stärken.(54) Für diese ist jedoch die Reise zum Sitz der Agentur in Malta eine finanzielle Herausforderung, die bisher zumindest teilweise UNHCR auffängt; hier werde über Lösungen nachgedacht. Auch die Analysen des Jahresberichts(55) und des Arbeitsplans böten Interventionsmöglichkeiten.
Der Unterstützung von Mitgliedstaaten unter besonderem Druck dienten Asylunterstützungsteams aus nationalen Experten der verschiedenen Mitgliedstaaten, wenn außergewöhnlich starker und dringender Andrang bestehe, wegen eines plötzlichen Zustroms oder wegen der geographischen Lage. Der Interventionspool biete Übersetzung, Herkunftslandinformationen und Knowhow im Fallmanagement; auch hier gelte jedoch, dass EASO keine Position zu individuellen Fällen beziehen solle. Seit 2011 werde Griechenland unterstützt, im Februar 2012 habe ein Team kurzfristig weitere Entscheider ausgebildet, um das Entstehen eines Backlog zu verhindern. Eine Evaluation dieser Einsätze sei bisher nicht zugänglich.
Was die EU-interne Neuansiedlung (relocation) angehe, insbesondere das EUREMA-Programm für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Malta, müsse Vorsicht walten; zu schnell könne der Eindruck entstehen, dass die überlasteten Mitgliedstaaten nichts ändern müssten.


VII. Stand des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems
Der UNHCR-Europadirektor Daniel Endres (Brüssel) begann mit der Feststellung, das GEAS solle sich eigentlich auf den letzten Metern seines Marathons befinden, doch sei das Ziel noch immer nicht in Sicht. Der Abschluss 2012 sei jedenfalls in der Substanz wenig wahrscheinlich, oft seien Kompromisse mit niedrigen Standards geschlossen worden, und nach wie vor sei die Praxis in den Mitgliedstaaten alles andere als harmonisiert. Aufgrund der unterschiedlichen Anerkennungschancen werde das Dublin-System oft zu Recht als „Lotterie-Spiel“ bezeichnet, doch auch die Behandlung von Schutzsuchenden und von Anerkannten klaffe weit auseinander. Deutschland müsse hier sein Gewicht stärker nutzen, um hohe Standards zu sichern, sonst drohten auch weiterhin viele Dublin-Beschwerden.
Die Neufassung der QRL(56) habe insbesondere die Rechte von subsidiär Schutzberechtigten an die von anerkannten Flüchtlingen angeglichen, denn ihr Schutzbedürfnis könne ebenso stark und ebenso lang andauernd sein. Allerdings bleibe die Anwendung von Art. 15(c) QRL ausbaubedürftig, zu restriktive Interpretationen müssten überwunden werden.(57)
Was das Dublin-System betreffe, sei die Chancengleichheit immer noch nicht Realität – dennoch bleibe eine substanzielle Reform aus. Nur für akute Situationen hätten sich die Mitgliedstaaten bisher auf einen Mechanismus geeinigt. Das Frühwarnsystem sei zu begrüßen, könne die fehlende Praxisharmonisierung aber nicht ersetzen. Es fehle auch an konkreten Bestimmungen gegen den Trend zur Inhaftierung im Dublin-Verfahren sowie an einem erweiterten Familienbegriff, um Härten zu reduzieren. Insbesondere die weite Liste an Haftgründen, einschließlich der verspäteten Antragstellung und zur Feststellung des Sachverhalts, kritisierte Endres mit dem Hinweis, Flucht sei keine Straftat. Haft dürfe nur in sehr begrenzten und klar definierten Fällen als letztes Mittel und gerichtlich überprüfbar eingesetzt werden. Des weiteren müssten nach Rechtsprechung der europäischen Gerichte effektive Rechtsmittel einschließlich aufschiebender Wirkung gegen eine Rücküberstellung zur Verfügung stehen; dies sollte im Normtext und auch im deutschen Recht klargestellt werden.
Hinsichtlich der Reform der Aufnahme-RL betonte Endres die Bedeutung der frühen Identifizierung besonders Schutzbedürftiger in einem eigenen Vorverfahren, wie es in Deutschland bisher fehlt.
Die Neufassung der AsylVfRL sehe auf derzeitigem Stand einen Katalog unverbindlicher Vorschriften vor, die Abweichungen von etablierten Standards erlaubten, u.a. Ausnahmefälle vom Prinzip der Aussetzung der Abschiebung bis zum Ende des Verfahrens. Das Konzept der „supersicheren Drittstaaten“, bei denen die Sicherheit und die Substanz des Antrags gar nicht mehr zu prüfen seien, berge die Gefahr des Refoulements. Dieses EU-Konzept solle nun in die Hände der Mitgliedstaaten gelegt werden, mit unkalkulierbaren Folgen; zumindest eine Möglichkeit zur individuellen Widerlegung der Sicherheitsvermutung müsse vorgesehen werden.
Der EuGH und der EGMR hätten in ihren Grundsatzentscheidungen deutlich gemacht, dass das GEAS mehr als ein Lippenbekenntnis sei, und hätten den Anspruch der Politik einem Praxistest unterzogen. Dank dem EuGH stehe auch innerhalb der EU die Widerleglichkeit der Sicherheitsvermutung fest. Der EGMR habe wichtige Feststellungen zur Behandlung von Asylsuchenden, zum Zugang zu Rechtsschutz und zur Geltung des Refoulementverbots auch auf Hoher See getroffen. Die Fehlentwicklungen, die hier korrigiert worden seien, hätten nicht so lange unbeachtet bleiben dürfen, es brauche ein gemeinsames Verantwortungsgefühl für den Flüchtlingsschutz, was bei nur 277.000 Anträgen in der gesamten EU im Jahr 2011 –einer Zahl weit unter dem Stand der 1990er Jahre – keineswegs uneinlösbar sei. Ohne europäisches Verantwortungsgefühl und Denken und Solidarität könne es kein wirkliches gemeinsames Schutzsystem geben. Die Förderung der praktischen Zusammenarbeit durch EASO biete hier eine Chance, mittelfristig auch die Entscheidungsqualität zu verbessern; diese Arbeit müssten NGOs aktiv begleiten und unterstützen. Ein gemeinsames Asylverfahren (joint processing) sei aber noch Zukunftsmusik.
Außerhalb Europas sei die Solidarität ebenfalls noch ausbaufähig, wenngleich Deutschland hier einen wichtigen Anfang gefunden haben. Vier von fünf Flüchtlingen würden von Entwicklungsländern aufgenommen, und Staaten wie Kanada oder die USA sähen deutlich höhere Resettlementzahlen vor als die EU insgesamt. EU-Kommissarin Malmströms Ziel von 20.000 Personen pro Jahr bis 2020 sei da keineswegs vermessen.


VIII. Alternativen zum Dublinsystem
Die traditionelle Abschlussdebatte begann mit einem Impuls von Rechtsanwalt Reinhard Marx (Frankfurt/M.).(58) Marx sah das Dublin-System mit schweren Geburtsfehlern behaftet: Seine Zuständigkeitskriterien dienten allein den Interessen der Staaten und nicht der Schutzsuchenden; es biete keine echte Solidarität; und so würden drittens die Grenzstaaten veranlasst, Flüchtlinge so effektiv wie möglich abzuwehren. Als einfache Lösung schlug Marx vor, das Zuständigkeitskriterium der illegalen Einreise zu streichen. Dann bleibe als zuständigkeitsbegründend der Asylantrag, wodurch Flüchtlingen die Möglichkeit (nicht: das subjektive Recht) gegeben sei, ihr Asylland frei zu wählen. Der Binnenwanderungsdruck werde hierdurch reduziert, die Integration erleichtert, statt Migranten in Randzonen isoliert festzuhalten. Es bestehe eine Angststarre vor der irregulären Binnenwanderung, die aber durch die „Maschine Dublin II“ provoziert werde. Stattdessen gelte es, Solidarität zu fördern und einen Rechtsrahmen für die freie Wahl des Asyllandes zu entwickeln.
MdB Stephan Mayer (CDU/CSU) teilte diese Analyse nicht. Die Drittstaatenregelung sei eine Erfahrung aus den 1990er Jahren, als Deutschland hunderttausende Flüchtlinge aufgenommen habe. Ebenso wie das Flughafenverfahren sei sie der richtige Ansatz. Deutschland sei keineswegs Bremser sondern offen, wie sich auch an der Aufnahme von Flüchtlingen aus Malta und Tunesien zeige. Dennoch sei die Bundesregierung dafür gewählt worden, auch nationale Interessen vertreten, auch angesichts nun wieder steigender Zahlen.
Angesprochen auf den Gemeinsamen Antrag aller Fraktionen mit Ausnahme der Linken zu Griechenland, betonte MdB Hartfrid Wolff (FDP), man habe die Rechtsprechung des EGMR und des BVerfG genau im Auge und habe daher auch die Rückführung nach Griechenland ausgesetzt. Nun gelte es, den vorläufigen Rechtsschutz zu stärken und endlich auf europäisches Niveau zu bringen. Es könne nicht angehen, dass Deutschland das einzige Land ohne einstweiligen Rechtsschutz gegen Dublinüberstellungen sei. Die dauerhafte Nichtanwendung von Dublin II sei aber kein langfristiges Konzept; es müsse eine zukunftsträchtige Lösung in einem gemeinsamen Rahmen auf europäischer Ebene gefunden werden. Das BMAS habe zudem deutlich gemacht, dass auch das AsylbLG angepasst werden müsse.
MdB Viola von Cramon (Bündnis 90/Die Grünen) stimmte zu, es sei gut, dass das BMI das Problem in Griechenland erkannt habe, doch sei es nicht allein ein griechisches Problem. Zudem hätte schon vor 15 Jahren der Aufbau eines Asylsystems in Griechenland beginnen müssen. Es mache keinen Sinn an Dublin II festzuhalten, wenn man gleichzeitig Freizügigkeit im Binnenmarkt propagiere; nur die freie Wahl des Asyllands sei konsequent, gab sie Marx ausdrücklich recht. Auch ein solidarischer Umverteilungsschlüssel sei denkbar. Hierfür fehle aber der politische Wille, es herrsche vielmehr eine gefährliche Stimmung nicht nur in Deutschland. Die Bundesregierung sei dabei nicht nur Bremser, sondern Blockierer. Mit Blick auf Ungarn sei es katastrophal was die Regierung initiiere, mittrage und legitimiere.
MdB Kerstin Griese (SPD) befürwortete dagegen eine punktuelle und flexible Aussetzung des Mechanismus, solange es keine ausreichende Harmonisierung gebe. Vorschläge der Kommission habe die Bundesregierung abgelehnt; die Aussetzung der Überstellungen nach Griechenland sei erst sehr spät und nur unter Druck erfolgt. Auch sie sprach sich jedoch für ein solidarisches Verteilungssystem aus, mit Quoten und Kontingenten nach festen Kriterien, wie der Bevölkerungszahl oder der Leistungsfähigkeit. Italien trage keineswegs deutlich mehr Flüchtlinge pro Kopf als Deutschland, Berlusconi habe nur die Menschen bewusst nicht über das Land verteilt. Und Deutschland könne 30% beim Fiskalpakt stemmen, wie stehe es da mit 30% der Flüchtlinge? Europa sei nicht nur Fiskalpakt und Rettungsschirm, sondern auch Wertegemeinschaft. Allerdings müsse man eine realistische Lösung finden, die Menschen in Zeiten von Werkschließungen wie bei Opel vermittelbar sei. Die Bundesregierung aber, die immer wieder auch in den Europaausschuss eingeladen worden sei, habe stets eine Hardlinerposition bezogen. Sogar Minderjährige seien von Inhaftierung bedroht.
MdB Petra Pau (Die Linke), die bereits mehrfach auf dem Symposium gewesen ist, beklagte, es habe sich in den Jahren sehr wenig getan. Es müssten die Fluchtursachen vor Ort bekämpft werden, damit die Menschen nicht mehr fliehen müssten, doch hier sei man bisher nicht weitergekommen. Es gelte auch, die Aufnahme von Flüchtlinge, wie von Marx vorgeschlagen, den Menschen zu erklären. Zum AsylbLG fragte sie, warum immer wieder auf die Politikberatung durch das BVerfG gewartet werde, wo doch die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes feststehe.
Wolff pflichtete Pau bei, vor Ort müssten menschenwürdige Verhältnisse entstehen. Er sprach sich dafür aus, eine vernünftige europäische Lösung zu finden und sich über ein Verteilungssystem Gedanken zu machen, das gerecht die Lasten verteilt. Statt wie Otto Schily in Nordafrika Lager aufbauen zu wollen, müsse man mit den Leuten in Europa richtig umgehen. Die Bundesregierung sei hier auf gutem Wege, sie habe etwa erstmals Lockerungen der Residenzpflicht und ein Rückkehrrecht für Zwangsverheiratete eingeführt. Außerdem habe das BMI die Weisung zurückgezogen, Dublin-Bescheide erst am Tag der Überstellung zuzustellen. Eine Ausweitung der Resettlementzahlen verhinderten die Länder. Das Bleiberecht, das er ebenfalls ansprach, reklamierte Griese jedoch für die SPD. Auf Marx’ Vorschlag zurückkommend, den Wolff für eine charmante Idee hielt, betonte Griese, dies gehe nur, wenn die Standards, einschließlich der Sozialstandards vereinheitlicht seien.

6. Teilnehmende

In 2012 gab es insgesamt 299 Teilnehmer, davon NUR 8 Nichtteilnahmen […]

7. Öffentlichkeitsarbeit

[…]

8. Finanzierung

[…]

9. Weiterarbeit:

[…]

10. Konkrete Erfahrungen und Rückmeldungen für die Vorbereitung und Durchführung nächstes Jahr:

[…]






* Dr. Nora Markard ist derzeit visiting fellow an der Columbia Law School, New York. Die Autorin dankt Dr. Roland Bank, Kerstin Becker, Sabiha Beg, Dominik Bender, Dr. Anuscheh Farahat, Friederike Foltz, Bernward Ostrop, Marei Pelzer und Norbert Trosien, insbesondere für umfangreiche Informationen aus den Foren.
(1) Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (sog. Dublin II-VO).
(2) EuGH, N.S./SSHD und ME u.a./Refugee Applications Commissioner u.a., Urt. v. 21.12.2011, Rs. C-411/10 und C-493/10, ZAR 2012, 115 = NVwZ 2012, 417 = InfAuslR 2012, 108; dazu Bank/Hruschka, ZAR 2012, 182; Pelzer, Asylmag. 2012, 102.
(3) EGMR (Gr. Kammer), M.S.S./Griechenland und Belgien, Urt. v. 21.1.2011, Beschwerde Nr. 30696/09, ZAR 2011, 395 = EuGRZ 2011, 243 = NVwZ 2011, 413.
(4) EGMR (Gr. Kammer), Hirsi Jamaa u.a./Italien, Urt. v. 23.2.2012, Nr. 27765/09; dazu Lehnert/Markard, ZAR 2012, 194.  
(5) Dazu Bender, Die mündliche Verhandlung in Sachen „Dublin-II-Verordnung“ vor dem Bundesverfassungsgericht: Auch ohne Entscheidung ist nichts mehr wie vorher, KJ 2011, 281-293.
(6) S.a. PRO ASYL, “I came here for peace”: The systematic ill-treatment of migrants and refugees by state agents in Patras, Juni 2012, abrufbar unter <link file:1557 download>

www.proasyl.de/fileadmin/proasyl/fm_redakteure/Presserkl_An-haenge/Patras-Webversion04D-DS-k.pdf

(letzter Abruf 26.7.2012).
(7) European Asylum Support Office, dazu unten VI.
(8) Aufgrund der langen Regularisierungsgeschichte (ausf. Humburg im Tagungsbericht 2011 der Verf., ZAR 2011, 266) gebe es unter 4,5 Mio. AusländerInnen nur 65.000 registrierte Flüchtlinge, weswegen Italiens Rufe nach burden sharing teilweise auf Unverständnis stießen. 2011 seien die Zahlen jedoch massiv in die Höhe gegangen.
(9) Vgl. daher auch die Stellungnahme von UNHCR, Vertretung für Deutschland und Österreich, vom 24.4.2012 an das VG Braunschweig (Az. 7 A 57/11), in der die begrenzte Zahl der Aufnahmeplätze und die kurze Dauer der Unterbringung im Verhältnis zur tatsächlichen Dauer des Asylverfahrens bemängelt werden, sowie die Unterbringung besonders Schutzbedürftiger. Dem folgend für besonders Schutzbedürftige VG Gießen, B. v. 25.6.2012 – 6 L 1241/12.GI.A (vorläufige Aussetzung der Überstellung); VG Wiesbaden, Urt. v. 13.6.2012 – 5 K 941/11.WI.A (Selbsteintrittspflicht; m.w.N.). S.a., m.w.N., VG Karlsruhe, Urt. v. 6.3.2012 – A 3 K 3069/11 und VG Stuttgart, B. v. 2.7.2012 – A 7 K 1877/12 (systemische Mängel).
(10) So VG Gelsenkirchen, B. v. 31.1.2011 – 14a L 1578/10.A; VG Magdeburg, B. v. 31.1.2011 – 5 B 40/11 MD; VG Regensburg, B. v. 14.1.2011 – RO 7 S 11.30018; VG Düsseldorf, B. v. 7.1.2011 – 21 L 2285/10 (alle abrufbar auf <link http: www.asyl.net external-link-new-window>www.asyl.net).
(11) Aktuelle Zahlen in UNHCR, Asylum Levels and Trends in Industrialized Countries, 2012. Viele dieser Bootsflüchtlinge seien TunesierInnen gewesen, aber auch Menschen, die seit Jahren in Libyen gearbeitet hatten und zwar in ihrem Heimatland keine Verfolgung fürchteten, sich aber gegenüber Libyen in einer fluchtähnlichen Situation befanden.
(12) PRO ASYL, Zur Situation von Flüchtlingen in Italien. Ein Bericht von Maria Bethke & Dominik Bender, 2011; s. dazu auch ausf. Bender, Warum Italien ein „Dublin-Thema“ ist, Asylmag. 12/2011, 11. W. Nw. in VG Karlsruhe (Fn. 9), Rn. 44f.
(13) Sistema di Protezione per i Richiedenti dell’Asilo ed i Rifugiati, ein staatliches Integrationsprogramm.
(14) EGMR (GK), Hirsi Jamaa/Italien (Fn. 4).
(15) Vgl. PRO ASYL/Greek Refugee Council, Human Cargo: Arbitrary readmissions from the Italian sea ports to Greece, 2012, abrufbar unter <link http: www.proasyl.de external-link-new-window>www.proasyl.de.
(16) Die englischsprachige Präsentation zum Vortrag ist verfügbar auf www.nagyboldiszar.hu.
(17) EuGH, N.S. und ME (Fn. 2).  
(18) EGMR (GK), M.S.S. (Fn. 3).
(19) Vgl. etwa EuGH-Vorlage des VGH Kassel, B. v. 22.12.2010 – 6 A 2717/09.A, 6 A 2717/09 = BeckRS 2011, 45082 = EzAR-NF 65 Nr 5 = ZAR 2011, 150 (LS).
(20) Hailbronner/Thym, Vertrauen im europäischen Asylsystem, NVwZ 2012, 406 (408).
(21) EGMR (GK), M.S.S. (Fn. 3); EGMR, Jabari/Türkei, Urt. v. 11.7.2000, Nr. 40035/98, ECHR 2000-VIII, Rn. 50.
(22) S.a. EuGH, Urt. v. 29.1.2009, Rs. C-19/08 – Petrosian, wonach die Überstellungsfrist bei aufschiebender Wirkung eines Rechtsbehelfs nicht erst ab der Eilaussetzung des Überstellungsverfahrens, sondern erst ab endgültiger Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Überstellung in der Hauptsache läuft.
(23) EXCOM ist das Exekutivkomitee von UNHCR, bestehend aus Vertretern der Vertragsstaaten der GFK. Seine Schlussfolgerungen zu Themen des Flüchtlingsschutzes werden auf deutsch fortlaufend veröffentlicht in UNHCR (Hg.), Internationaler Rechtsschutz für Flüchtlinge: Beschlüsse des Exekutiv-Komitees (1988). Die Beschlüsse sind nicht bindend, verweisen jedoch auf internationale Konsensbildung und genießen daher ein droit de regard: Hathaway, Rights of Refugees, 2005, S. 124f; Kälin, Supervising the 1951 Convention, in Feller u.a., Refugee Protection, 2003, 613 (627); Löhr, Kinderspezifische Auslegung, 2009, S. 55; Markard, Kriegsflüchtlinge, 2012, S. 27; Auslegungshilfe: Treiber, in GK-AufenthG II-§ 60 Rn. 5.  
(24) Vgl. v.a. Pohl/Moll, ZAR 2012,102, die gleichsam ein „Verfallsdatum“ der normativen Vergewisserung an in nehmen, d.h. mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur normativen Vergewisserung steigende Anforderungen an den Nachweis, dass die Sicherheitsvermutung bzgl. eines Staates immer noch gerechtfertigt ist.
(25) UNHCR, Hungary as a country of asylum: Observations on the situation of asylum-seekers and refugees in Hungary, Positionspapier v. 24.4.2012, abrufbar unter <link file:1559 download>

www.unhcr.de/fileadmin/user_upload/dokumen-te/07_presse/material/UNHCR_Hungary_Country_of_asylum_screen.pdf

(26.7.2012).
(26) EGMR (GK), M.S.S. (Fn. 3), Rn. 233.  
(27) IMK, Neuansiedlung von Flüchtlingen (Resettlement); Einführung eines permanenten Neuansiedlungsprogramms / Aufnahme von Flüchtlingen aus Nordafrika, in: Sammlung der zur Veröffentlichung freigegebenen Beschlüsse der 193. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder am 8./9.12.2011 in Wiesbaden, Nr. 19, S. 27.
(28) EuGH, N.S. und ME (Fn. 2).
(29) EGMR (GK), Hirsi/Italien (Fn. 4).
(30) Der Gerichtshof betonte erneut die Bedeutung des fehlenden Zugangs zu Informationen als maßgebliches Hindernis für den Zugang zum Asylverfahren; ebd., Rn. 204.
(31) So auch Lehnert/Markard (Fn. 4).
(32) Am 5.7.2012 veröffentlichte Amnesty International den Bericht „Libya: Rule of Law or Rule of Militias?“ (MDE 19/012/2012, abrufbar unter bit.ly/AIBericht_Libyen_Juli2012) zur aktuellen Menschenrechtssituation in dem Land. Der Bericht enthält neue Belege dafür, dass Menschen aus der Subsahara-Region, insbesondere Migrantinnen und Migranten ohne Ausweisdokumente, von willkürlichen Verhaftungen, unbegrenzter Inhaftierung, Schlägen, die teilweise als Folter anzusehen sind, und Ausbeutung durch die bewaffneten Milizen bedroht sind. Es gibt in Libyen weiterhin kein geregeltes Asylverfahren.

(33) Amnesty International „S.O.S. Europe – Human Rights and Migration Control“, abrufbar unter www.amnesty.org/en/library/info/EUR01/013/2012/en.


(34) EU-Ratsbeschluss Nr. 2010/252/EU v. 26.4.2010, ABl. EU L 111/10 v. 4.5.2010.
(35) Frontex Fundamental Rights Strategy, Beschluss des Verwaltungsrats vom 31.3.2011, im Vorgriff auf Art. 26a I der FRONTEX-VO Nr. 2007/2004 i.d.F. der VO (EU) Nr. 1168/2011 v. 25.10.2011, ABl. EU L 304/1 v. 22.11.2011. Die Neufassung ergänzt die FRONTEX-VO zudem um eine explizite Bindung an die ChGR, die GFK und andere völkerrechtliche Instrumente (Art. 1 II).

(36) Vgl. FRONTEX-Presseerklärung v. 4.4.2011, frontex.europa.eu/news/management-board-endorses-frontex-fundamental-rights-strategy-FBIEQL (26.7.2012).


(37) Art. 26a II FRONTEX-VO i.d.F. von 2011 (Fn. 35); die in Art. 26a III vorgesehene Stelle des Menschenrechtsbeauftragten wurde im April 2012 ausgeschrieben und soll vor Jahresablauf besetzt werden.
(38) Das Völkerrecht regelt die Pflicht zur Schaffung von Strukturen zur Auffindung und Rettung von Schiffbrüchigen; Übereinkommen über den Such- und Rettungsdienst auf See (SAR) vom 27.4.1979, in Kraft seit 22.6.1985; Internationales Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS) vom 1.11.1974, in Kraft seit 25.5.1980.
(39) Siehe EU-Ratsbeschluss (Fn. 34), Anhang Teil II.
(40) Das Seerecht verlangt das Absetzen in einem „sicheren Hafen“, vgl. Anlage zur SAR-Konvention, Kap. II, Nr. 1.3.2., dazu IMO Maritime Safety Committee, Res. 167 (78), MSC 78/26/Add. 2, Annex 34, Rn. 6.12 und 6.17. In der Praxis bedeutet dies, dass der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Einsatz stattfindet, die Schiffbrüchigen aufnehmen muss; dies führt z.T. zu Konflikten.
(41) Art. 14 III, IV FRONTEX-VO i.d.F. von 2011 (Fn. 35). Die Verbindungsbeamten halten den Kontakt zu den Behörden der Drittstaaten, um zur Verhinderung und Bekämpfung illegaler Einwanderung und zur Rückführung illegaler Einwanderer beizutragen.
(42) RL 2001/55/EG v. 20.7.2001, ABl. EG L 212/12 v. 7.8.2011.
(43) EuGH (Gr. Kammer), B. und D./Bundesrepublik Deutschland, Urt. v. 9.11.2010, Rs. C-57/09 u.a., ZAR 2011, 142 = EuGRZ 2010, 722 = InfAuslR 2011, 40.
(44) Anhängige verb. Rs. C-71/11 und C-99/11, Bundesrepublik/Y und Z, Vorlagen in ABl. C 130/11 v. 30.4.2011, C 173/4 v. 11.6.2011 (Ahmadis aus Pakistan). Zu verfolgungsvermeidendem Verhalten Lübbe, ZAR 2012, 7.
(45) Schlussanträge des Generalanwalts Yves Bot v. 19.4.2012, Rn. 77.
(46) EuGH (Gr. Kammer), Elgafaji/Staatssecretaris van Justitie, Urt. v. 17.2.2009, Rs. C-465/07, ZAR 2010, 35 = InfAuslR 2009, 138 = EuGRZ 2009, 111 = NVwZ 2009, 705.
(47) EuGH, N.S. und ME (Fn. 2).
(48) KOM(2009) 554 endg. und KOM(2008) 815 endg.
(49) KOM(2011) 319 und KOM(2011) 320 endg.
(50) Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission, die das Verfahren beschleunigen sollen.
(51) Errichtet durch VO (EU) Nr. 439/2010 v. 19.5.2010, ABl. EU L 132/11 v. 29.5.2010  
(52) Vgl. etwa UNHCR, Safe at Last?, Genf 2011, zur Auslegung von Art. 15(c) QRL nach dem Elgafaji-Urteil (Fn. 46).
(53) EASO, Afghanistan: Taliban Strategies – Recruitment; s.a. EASO, COI report methodology, beide v. 10.7.2012, abrufbar auf refworld.org.

(54) Ausführliche Berichte auf easomonitor.blogspot.de (26.07.2012).


(55) Vgl. EASO, 2011 Annual Report on the Situation of Asylum in the European Union and on the Activities of the European Asylum Support Office, 20.7.2012.
(56) RL 2011/95/EU, ABl. EU L 337/9 v. 20.12.2011.
(57) Vgl. UNHCR, Safe at Last (Fn. 52).  
(58) Vgl. bereits Marx, Ist die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO) noch reformfähig?, ZAR 2012, 188.  

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