Der Verlust von Oberstaatsanwältin Brorhilker offenbart Defizite in der deutschen Strafverfolgung und Justizstruktur

23. April 2024| FG Strafrecht

Die Neue Richter*innenvereinigung (NRV) bedauert außerordentlich, dass mit Oberstaatsanwältin Brorhilker von der Staatsanwaltschaft Köln eine herausragende Ermittlerin in Wirtschaftsstrafsachen die Justiz verlässt. Zugleich dankt die Neue Richter*innenvereinigung Oberstaatsanwältin Brorhilker für ihren aufrechten Einsatz in der Justiz und ihre deutlichen Worte zu den Missständen in der deutschen Justiz.

Es handelt sich um alarmierende Sätze aus dem Munde der absoluten Justiz-Insiderin Brorhilker: „Da geht es oft um Täter mit viel Geld und guten Kontakten, und die treffen auf eine schwach aufgestellte Justiz.” Und “Dann haben wir den Befund: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.”

Solche Zustände sind demokratie- und rechtsstaatsgefährdend. Denn es ist kein Wunder, dass viele Menschen dann am Funktionieren von Demokratie und Rechtsstaat zweifeln.

Die Neue Richter*innenvereinigung fordert zur Abstellung dieser unhaltbaren Zustände daher Folgendes:

  • Endlich eine vernünftige Personal- und Technikausstattung bei der Justiz einschließlich der Staatsanwaltschaften!
  • Und endlich die Einrichtung einer von der Politik unabhängigen Staatsanwaltschaft!

Bereits im Jahr 2003 erging unter Beteiligung der Neuen Richter*innenvereinigung das Dresdner Plädoyer für eine Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft.

Auszugsweise heißt es in dem Plädoyer wie folgt:

„„Gegenwärtig läuft die deutsche Staatsanwaltschaft Gefahr, den Kampf gegen die Wirtschafts- und die global organisierte Kriminalität (und damit meinen wir auch immer wieder auftretende Fälle von Kriminalität durch oder mit Duldung der Politik) auf Dauer zu verlieren.”

Die Strafverfolgung in der Bundesrepublik bedarf deshalb einer tiefgreifenden Umgestaltung.

Die gegenwärtige Situation ist davon geprägt, dass Kriminalität zum Teil nur verwaltet, aber in einigen wesentlichen Bereichen nicht mehr verfolgt werden kann. Derzeit wird die Arbeitskraft der Staatsanwälte mit der Bearbeitung von Bagatell- und Massendelikten zu stark gebunden.

Eine wirksame Strafverfolgung findet darüber hinaus allenfalls bei schweren Gewalttaten statt.

Eine nachhaltige Verbesserung der Situation kann nur durch die Einrichtung einer von der Politik unabhängigen Staatsanwaltschaft erreicht werden.“

Dass sich trotz des Dresdner Plädoyers zur politischen Unabhängigkeit der deutschen Staatsanwaltschaft und der zwischenzeitlichen EUGH-Entscheidung zum Europäischen Haftbefehl immer noch nichts an der Justizstruktur geändert hat, ist nicht hinnehmbar.

Auch die deutlichen Worte von Oberstaatsanwältin Brorhilker zeigen, dass die Forderung einer politischen Unabhängigkeit der deutschen Staatsanwaltschaften von der Politik aktueller denn je ist.

 

Die Fachgruppe Strafrecht der NRV

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